Aufgaben statt Phasen
Sonderveröffentlichung

Hilfe im Trauerfall Aufgaben statt Phasen

Wer einen geliebten Menschen verliert, trauert. Die Bewältigung braucht vor allem Zeit.

Wenn ein geliebter Mensch stirbt, kann die Trauer überwältigend sein. © CHINNAPONG/ADOBE.STOCK.COM

22.04.2024

Wenn ein geliebter Mensch stirbt, ganz gleich, ob überraschend oder nach einer langen Krankheit, stehen viele Trauernde zunächst vor derselben Herausforderung: Es geht als Erstes darum, diese Realität zu begreifen, um ein Wahrhaben-Müssen. In der Trauerpsychologie spricht man heute nicht mehr von „Trauerphasen“, sondern von „Traueraufgaben“, die sich den Betroffenen stellen. Der Trauerprozess verläuft keinesfalls linear, sondern spiralförmig, weil es immer wieder schleifenförmige Bewegungen gibt, die zurück in den Schmerz gehen. Die erste Aufgabe für alle Trauernden ist jedoch immer die gleiche: Es geht schlichtweg darum, das Überleben und Weiterleben zu gestalten.

Doch dazu muss man erst einmal die Wirklichkeit begreifen, im wahrsten Sinne des Wortes: Es ist unheimlich wichtig, sich am Sarg zu verabschieden. Weil der Tod dann wirklich endgültig wird, selbst wenn er erwartbar war.

Konkretes Handeln hilft

Außerdem braucht es Menschen im Umfeld, die die Trauer aushalten und ihr standhalten können. Und die ganz einfachen Sachen tun – wie vielleicht mal etwas kochen. Das sind ganz elementare Formen der Zuwendung. Zu sagen: „Du kannst dich immer melden“ und auf ein Zeichen der Betroffenen zu warten, hilft dagegen wenig. In dieser existenziellen Situation rufen Trauernde nicht an. Weil sie so viel mit sich selbst zu tun haben und anderen nicht zur Last fallen wollen. Die Verstorbenen sollen bewahrt und integriert werden: Die Liebe darf bleiben, die Trauer darf gehen. Vielen Trauernden hilft es dann, Erinnerungen zu sammeln und Fotos zu ordnen, oder eine Gedenkstelle in der Wohnung einzurichten, an der sie regelmäßig eine Kerze anzünden oder frische Blumen hinstellen.

Die Trauer fließen lassen

Die zweite Aufgabe besteht dann darin, mit dem Verlust leben zu lernen. Wichtig ist es dann, die Trauer ins Fließen zu bringen. Auch Schreiben kann guttun – etwa Erinnerungen aufschreiben, ein Trauertagebuch führen, dem Verstorbenen einen Brief schreiben: Ebenso können Trauergruppen hilfreich sein.

Bewusst weiterleben

Und schließlich folgt, wieder in das Leben zu finden. Es ist klar, die Lücke bleibt bestehen, aber in diesem weitergehenden Leben gehört der Verstorbene als innerer Begleiter mit dazu. Und vor allem: In diesem Leben darf es auch wieder Sinn und Glück geben. Wenn es auch nicht mehr ganz so leicht wird wie vor einem schweren Verlust. Was dabei hilft? Ganz behutsam kleine Dinge machen, die einem guttun. Gerade bei schweren Verlusten sei dies in den ersten eineinhalb Jahren jedoch nur ansatzweise möglich. Es gilt, zu überlegen, ob es etwas gibt, was man immer schon vorhatte und wofür jetzt Zeit ist. Das kann die Anmeldung in einem Tanzkurs genauso sein wie eine Reise.

Gleichzeitig sollte bewusst sein: Die Lücke bleibt, das ist auch in Ordnung. Dieser Verlust ist etwas, das nun zum Leben dazugehört. dpa