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Events für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter oder auch Kundinnen und Kunden lassen sich Unternehmen einiges kosten. FOTO: KOTO/ADOBESTOCK.COM

Klasse schlägt Masse

Events, Feiern und Tagungen fallen immer größer und exklusiver aus. Unternehmen kleckern nicht, sie klotzen. Die Entwicklung ist auch eine Reaktion auf Erfahrungen aus der Corona-Pandemie.

Atemlos durch die Nacht“: Helene Fischer rockte mit einer zweistündigen Show im Sommer 2022 die Betriebsfeier von Würth in Künzelsau. 2023 war sie dann zu Gast bei einer Feier des Küchenherstellers Nobilia in Gütersloh und gerade jetzt bei einer internen Veranstaltung der Anlageberatung DVAG. Offenbar muss es für viele Firmenchefs bei ihren Events immer bombastischer zugehen, und dafür sind sie bereit, tief in ihre Tasche zu greifen. Denn mit allem Drum-Herum kostet das Ganze locker mal mehr als 1 Million Euro.

Dafür bleibt die Erinnerung bei den Teilnehmerinnen und Teilnehmern der Events, große Stars mal ohne Ticketkauf und komplizierte Anreise hautnah erleben zu können, für viele Jahre eingebrannt - bei Beschäftigten oder auch Geschäftspartnern. Der Mittelständler Würth ist einer der Vorreiter im Bereich der hochklassigen Events. Er bietet rund um seinen Firmensitz nicht nur interne Veranstaltungen an, er organisiert auch Open-Air-Konzerte im Pop-Bereich sowie klassische Konzerte.

Schon vor fast 30 Jahren gründete der Schraubenhändler eine Tochterfirma, die sich fürs eigene Unternehmen, aber auch für andere Auftraggeber ausschließlich um solche Veranstaltungen kümmert. Name der Agentur: Marbet, benannt nach Marion und Bettina Würth. „Die Unternehmen haben erkannt, dass es während der Corona-Zeit einen Mangel an Emotionen gab“, sagt Martin Klingler von Marbet. Nach der Pandemie habe es einen riesigen Nachholbedarf an persönlichen Begegnungen gegeben.

“Firmen haben erkannt, dass es während Corona einen Mangel an Emotionen gab."
Martin Klingler
Marbet

Trotzdem sei nun gegenüber früher einiges anders. Unternehmen verzichteten auf manche gewohnte Veranstaltung, bei der die Teilnehmer etwa Stunden lang Vorträgen lauschen mussten. Sie setzten viel mehr als zuvor auf Emotionen und persönliche Kontakte und schafften es, ihre Botschaften so viel besser unter Mitarbeiter und Geschäftspartner zu bringen.

Gutes Essen, Auftritte von renommierten Künstlern: Die Feiern sollen in guter Erinnerung bleiben. FOTO: SHOCK/ADOBESTOCK.COM
Gutes Essen, Auftritte von renommierten Künstlern: Die Feiern sollen in guter Erinnerung bleiben. FOTO: SHOCK/ADOBESTOCK.COM

Die Erfahrungen der Würth-Event-Agentur werden durch die Statistik bestätigt: Insgesamt ist die Zahl der Events seit der coronabedingten Zwangspause zuletzt wieder stark gestiegen. Nach einer aktuellen Studie des German Convention Bureau (GCB), in der vor allem Veranstaltungen in Hotels, Veranstaltungshallen und Messen betrachtet werden, liegt die Event-Anzahl aber noch leicht unter des Vor-Corona-Niveaus. Die GCB betrachtet zusammen mit der Deutschen Zentrale für Tourismus sehr genau, was auf dem Veranstaltungsmarkt passiert.

„Der Trend geht zu größeren Veranstaltungen, kleinere wie Meetings sind etwas rückläufig“, stellt Birgit Pacher vom GCB fest. Treffen mit wenigen Teilnehmern würden nun zum Teil virtuell organisiert. „Wenn Veranstaltungen stattfinden, dann sind sie meist wertiger“, so die Expertin. 08/15-Events gebe es kaum noch. Die Organisatoren sorgten dafür, dass man hingehen möchte, man sich später daran erinnere und dass mehr Interaktion stattfinde. Auf alle Fälle müsse angesichts der hohen Kosten ein deutlicher Mehrwert gegenüber Online-Veranstaltungen erkennbar sein.

Durch den aufgrund von Corona beschleunigten Trend zum Homeoffice ist es für Unternehmen zunehmend von Bedeutung, ihre Mitarbeiter in lockerem Rahmen bei Events von Angesicht zu Angesicht zusammenzubringen. Wenn das in der Kombination von Firmen-Botschaften, Netzwerken und Unterhaltung gelingt, ist das viel erfolgreicher als der derzeit zu beobachtende Trend, Mitarbeiter aus dem Homeoffice verstärkt ins Büro zurückzubeordern. In rund 50 Prozent aller Fälle sind Unternehmen Organisatoren der Business Events. Sie sind damit die wichtigste Veranstaltergruppe.

Dafür, dass Events intensiver und besser organisiert werden, sorgen die verstärkt entstehenden Hoch- und Privatschulen zur Ausbildung von Eventmanagern. Susanne Doppler etwa ist Professorin für Eventmanagement und Tourismus an der Hochschule Fresenius in Heidelberg. Sie stellt „den Wunsch nach Verbundenheit und authentischen Begegnungen“ fest. Das sei oft ein Gegengewicht zu der Schnelllebigkeit sozialer Medien.

Beruf und Freizeit verbinden

Im beruflichen Kontext ist nach Ansicht von Doppler Workation ein Format, das beruflichen Austausch und Freizeit in landschaftlich oder kulturell attraktiven Gegenden kombinieren kann, etwa bei Strategieworkshops von Unternehmen oder Events von Organisationen.

Bei Mitarbeiter-Events bestätigt die Expertin die Erfahrungen von Würth: Seit der Pandemie sei zu beobachten, dass die Konzepte mehr Wert darauf legen, das Miteinander zu feiern und eine gute Zeit zu verbringen. Ziele dabei seien unter anderem „die Mitarbeitermotivation, die Nachwuchsförderung, die Identifikation mit Unternehmenswerten und die Bindung an das Unternehmen“. Als Beispiel dafür nennt sie das Event „Mission Future“-100 Jahre Trumpf Mitarbeiterund Familienfest“, das 2024 von der Event-Branche mit einem Brand Ex Best Corporate Event ausgezeichnet worden sei.

Laut Meeting- und Eventbarometer steigen die Budgets für Veranstaltungen seit 2022 stetig an. Bei den Veranstaltern lag das Budget im Jahr 2023 um 26 Prozent über dem Niveau von 2022. Für das laufende Jahr 2024 und für 2025 werden weitere deutliche Ausgabensteigerungen erwartet. Die Branche geht für 2023 von 2,15 Millionen Präsenz-Veranstaltungen mit über 310 Millionen Teilnehmern aus.

Auch die Messen reagieren auf die neuen Trends. Sie erweitern ihre Angebote für Austausch und Netzwerken. Und sie bieten verstärkt inhaltsreiche Kongress- und Rahmenprogramme an. Es reicht heute eben nicht mehr, an den Ständen allein Produkte zu zeigen und Informationsmaterial zu verteilen, um Besucher dazu zu motivieren, sich mit oft stundenlanger An- und Abreise auf den Weg zu machen. Angebote zum aktiven Mitmachen, der Auftritt von Stars sowie Konzerte sollen einen Mehrwert liefern.

„Der Mensch ist ein soziales Wesen und möchte dabei sein“, stellt der Stuttgarter Messechef Roland Bleinroth fest. Bei Messen wie der CMT oder der AMB gebe es viele Rahmenprogramme und Events, einschließlich kulinarischer Angebote. Großen Anklang hat 2024 beispielsweise die Kocholympiade gefunden, bei der parallel zur Intergastra Köche aus aller Welt vor Ort gegeneinander antraten.

Die Messe Stuttgart stellt fest, dass die Unternehmen wegen gestiegener Kosten eher weniger Mitarbeiter zum Besuch entsenden. Das seien aber meist wichtige Entscheider. Die Messe-Aussteller störe dieser Trend nicht, sagt Roland Bleinroth. Sie berichteten durch die Bank von guten Gesprächen und Geschäftsabschlüssen.

“Der Mensch ist ein soziales Wesen und möchte dabei sein."
Roland Bleinroth
Stuttgarter Messe

Die Event-Tochter von Würth richtet mit ihrer jahrzehntelangen Erfahrung seit langem auch Veranstaltungen für andere Unternehmen aus. Dazu zählen Autovorstellungen wie bei Audi, aber auch Events von Porsche oder Daimler. Manche der Veranstaltungen richten sich an die Öffentlichkeit oder Geschäftspartner, viele sind aber auch intern orientiert. Dazu gehören Kongresse oder die Ehrung von Jubilaren.

Die Event-Branche sei aber sehr volatil, erklärt Marbet-Manager Martin Klingler. In wirtschaftlich schwierigen Zeiten wie jetzt sparten viele Unternehmen erst einmal beim Marketing. Deshalb konzentrierten sie sich dann auf besondere Veranstaltungen.

„Man geht in Hab-acht-Stellung“, erklärt Klingler. Da lasse man auch schon mal Veranstaltungen aus. Wo Firmen allerdings schon im Krisenmodus seien, könnten emotionale Events helfen, Ängste abzubauen und mit einem Stimmungs-Aufbau für einen Schub nach oben zu sorgen.[!]
Joachim Bech

Kleine Künstler haben das Nachsehen

Wer mehrere hundert Euro für einen Superstar ausgibt, hat weniger Geld für andere Konzerte übrig. FOTO: MELINDA NAGY/ADOBESTOCK.COM
Wer mehrere hundert Euro für einen Superstar ausgibt, hat weniger Geld für andere Konzerte übrig. FOTO: MELINDA NAGY/ADOBESTOCK.COM

Auch bei Musik-Veranstaltungen gibt es eine Verlagerung hin zu großen Events. Weniger bekannte Künstler klagen, dass - auch wegen der stark gestiegenen Kosten - kleinere Events abgesagt werden. Dagegen gibt es immer mehr Spitzen-Veranstaltungen wie die Konzertreihe von Taylor Swift in diesem Sommer oder das große Festival von Adele auf dem Münchener Messegelände.

Die Eintrittspreise dafür liegen meist bei mehreren hundert Euro, die Hotelpreise explodieren und auch beim raffinierten Merchandising lassen die Besucher einiges Geld liegen. Einschließlich der Begleitung in den sozialen Medien bleiben solche „once-in-a-lifetime“-Events bei den Teilnehmern aber noch sehr lange in Erinnerung. Um einen Ausgleich für die dortigen hohen Ausgaben zu schaffen, sparen viele Besucher zunehmend bei kleineren Konzerten.