Sonderveröffentlichung

Bauen & Wohnen Welches Dach zu welchem Haus?

Bauen: Nichts prägt die Optik eines Hauses entscheidender als die Wahl des Daches. Soll es steil sein oder flach? Beide Formen haben Vor- und Nachteile.

Interessante Winkel: Das Pultdach besteht aus einer geneigten Dachfläche, manchmal werden auch zwei Flächen versetzt gebaut. Foto: dpa

28.10.2019

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Von Evelyn Steinbach, dpa

Steil oder flach ist beim Dach nicht nur eine Frage des Geschmacks, sondern auch eine des Wohnraumes. Da Dachgeschosse heute voll nutzbar sein sollen, bevorzugen viele Bauherren neuerdings ein Flachdach. Es gibt aber dafür noch andere Alternativen, wie ein Überblick über die gängigen Dachformen zeigt.

Das Flachdach: In den 60er und 70er Jahren vorwiegend im Bungalow eingesetzt, ist ein Flachdach mit seiner geringen, kaum sichtbaren Dachneigung heute auf allen Gebäudearten zu finden. „Mittlerweile werden Flachdächer mit mindestens zwei Prozent Gefälle gebaut, so dass Regenwasser immer zu den Abläufen hingeführt wird“, erklärt Erich Pössl von der Architektenkammer Nordrhein-Westfalen. Denn stehendes Wasser war früher ein Nachteil der Flachdächer.

Besonders sorgfältig muss immer noch die Abdichtung erfolgen, wobei die Materialien laut Architekt Pössl besser geworden sind. Man setze auf Bitumen- und Kunststoffbahnen sowie Flüssigabdichtungen. Flache Dächer haben den Vorteil, dass die Fläche genutzt werden kann – als Terrasse, Garten und Lichtkuppel, bei großen Gebäuden als Parkdeck. „Gebäude können auch leichter in komplexen Grundrissfiguren ausgeführt werden, etwa in organischen Formen“, ergänzt Pössl.

Ein weiterer Pluspunkt: „Der Raum darunter kann in voller Höhe ausgenutzt werden“, sagt Andreas May vom Bauherren-Schutzbund. Darum sei das Flachdach so beliebt im Neubau von Ein- und Mehrfamilienhäusern. „Im städtischen Raum werden Flachdächer zudem häufig durch örtliche Bebauungspläne vorgeschrieben, während auf dem Land das Satteldach die prägende Form ist“, ergänzt Pössl.

Das Satteldach: Die bekannteste und weit verbreitete Dachform besitzt zwei zueinander geneigte Dachflächen, die sich am höchsten Punkt treffen. Das oberste Geschoss hat zwar ringsherum nicht die volle Raumhöhe, dafür aber Reserveflächen. In Dachnischen kann gut Stauraum entstehen, so May.

Der Vorteil: Ein Fehler in der Konstruktion eines Steildaches habe laut dem Experten weniger Konsequenzen als einer im Flachdach. Denn das geneigte Dach besitzt eine zweite Notentwässerungsebene: „Wenn ein Dachziegel bricht, befindet sich darunter noch eine Unterspannbahn, die erlaubt, dass das Wasser abläuft, ohne dass es gleich den ganzen Dachaufbau durchfeuchtet“, erklärt May.

Das Pultdach: Es besitzt oft nur eine geneigte Dachfläche, oder eine zweite geneigte Seite beginnt etwas abgesetzt: Das Pultdach ist laut Christian Anders vom Zentralverband des Deutschen Dachdeckerhandwerks aktuell als moderne Dachform gefragt. Früher wurden Pultdächer dagegen nur für Nebengebäude, einfache Bauten, Produktions- oder Lagerstätten verwendet.

Die eine Dachfläche ist meist zur Wetterseite (Nordwesten) ausgerichtet, um Wind, Regen und Schnee abzuschirmen. An der Sonnenseite lässt diese Dachform Raum für große Lichtflächen. „Der Raum unter der Dachschräge kann von einer vollwertigen Höhe bis zu einer niedrigen Zone reichen, die wiederum als Stauraum genutzt werden kann“, erklärt May.

Das Walmdach: Diese Form gehört zu den ältesten und repräsentativsten Dächerdesigns, erläutert das Dachdeckerhandwerk. Das Walmdach besitzt an allen vier Seiten eine geneigte Dachfläche und kann dadurch dem Wind besser standhalten – warum es etwa in Norddeutschland besonders beliebt ist. Walm nennt sich bei dieser Konstruktion die Dachfläche oberhalb der Giebelseite. Ein Tipp: Wer die Optik noch unterstreichen möchte, sollte Gauben einplanen.

Das Mansardendach: Bei dieser barocken Dachform sind die Dachflächen im unteren Bereich abgeknickt, so dass die tieferliegende Dachfläche über eine steilere Neigung verfügt als die obere. Auf diese Weise entsteht dort zusätzlicher Wohnraum. „So eine Dachkonstruktion ist aufwendiger als ein Satteldach, weshalb sie auch schon früher etwas für die besser verdienenden Bauherren bestimmt war“, erklärt Anders.

Der Vorteil: Die Dachform ermöglicht einen besseren Dachausbau – zum Vollgeschoss. Es entstehen im Inneren großzügige und helle Räume. Außerdem lassen sich in der unteren Hälfte Dach- oder Gaubenfenster einlassen – somit erhalten die Zimmer viel Tageslicht.

Traditionspflege und Hingucker

Stil: Früher waren die Dächer je nach Region einfach rot oder dunkel. Heute darf es auch mal mehr Farbe sein.

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Begrünte Dächer – hier sind es Pult- und Flachdächer – werden immer beliebter. Foto: dpa

Welches Material das Dach bekleidet, ist abhängig von dessen Neigung. Nach Angaben des Zentralverbands des Deutschen Dachdeckerhandwerks gibt es für steile Dächer mehr Auswahlmöglichkeiten als für flache.

Während Ziegel aus Ton hergestellt und gebrannt werden, bestehen Dachsteine aus Beton – einem Mix aus Zement, Quarzsand und Wasser. Die Mischung wird mit Farbpigmenten versetzt und anschließend in die gewünschte Form gepresst. „Heute werden im Neubau viele Betondachsteine verwendet. Das ist derzeit der günstigste Baustoff – und nicht der schlechteste“, erklärt Architekt Erich Pössl. Ein Tonziegel sei zwar leichter, aber auch etwas weniger widerstandsfähig.

Klassischerweise werden braune, anthrazitfarbene oder rote Ziegel verwendet. Manchmal werden auch blau glasierte vom Bauherren ausgewählt – das ist Geschmackssache. Die Größe der Ziegel sollten Bauherren und Sanierer auf die Dachfläche abstimmen. So passen auf eine kleine Dachfläche großformatige Dachziegel oder -steine optisch weniger gut.

Pössl rät, sich zur Pflege traditioneller lokaler Stadtbilder an eine Ziegelart zu halten. „In NRW ist dies zum Beispiel die Rheinlandpfanne, in der Denkmalpflege sind es die klassischen Hohlpfannen.“ Hinzu kommt: „Aufgrund fehlender Bauflächen stehen Wohnhäuser heute viel enger zusammen als früher. Mit vornehmer Zurückhaltung ist man hier besser beraten“, sagt er.

Flache Dächer lassen sich begrünen. Besonders sinnvoll sei das im innerstädtischen Bereich, um der Überhitzung der Städte entgegen zu wirken, erklärt Christian Anders vom Zentralverband des Deutschen Dachdeckerhandwerks. Pflanzen kühlen die umgebende Luft ab und feuchten sie an. Ebenso reinigen sie die Luft von Staub und Schadstoffen.

Weiterer Vorteil: Pflanzen, die Wasser aufnehmen oder zeitversetzt abgeben können, können das Regenwasser auf dem Dach in gewissen Mengen zwischenspeichern, um so die Kanalisation zu entlasten. dpa