Neubau des Heidengrabenzentrums in Baden-Württemberg: Die Kelten hautnah erleben
Sonderveröffentlichung

Neubau des Heidengrabenzentrums Neubau des Heidengrabenzentrums in Baden-Württemberg: Die Kelten hautnah erleben

Geschichte: Im Dreieck zwischen Erkenbrechtsweiler, Grabenstetten und Hülben ist ein neues, sehenswertes Kulturdenkmal entstanden. Von Michael Koch

Das Heidengrabenzentrum bindet sich hervorragend in seine Umgebung ein. Foto: Michael Koch

24.06.2024

Lang ist die Geschichte der Kelten auf der Vorderen Alb, lang ist auch die Vorgeschichte des Heidengrabenzentrums, das das Leben der Kelten in der einstmals größten Siedlung Europas erlebbar machen soll. Ihrer besonderen Lage bewusst waren sich die Gemeinden Erkenbrechtsweiler, Grabenstetten und Hülben schon immer, doch um das Wissen über die Vergangenheit der breiten Öffentlichkeit nahezubringen, dafür fehlten schlichtweg die Mittel. Bis Ministerpräsident Winfried Kretschmann während eines Spaziergangs am Heidengraben spontan die Keltenkonzeption des Landes Baden-Württemberg aus der Taufe hob. Damit war der Knoten gelöst, die Überlegungen nahmen konkretere Formen an. Bis im Herbst 2020 Architekt Thomas Ott mit einem Entwurf für ein Heidengrabenzentrum in unmittelbarer Nähe zum Burrenhof und dem dortigen Grabhügelfeld beauftragt wurde. Für ihn und sein Team natürlich eine besondere Herausforderung und auch eine Ehre.

Heraus kam ein Bau, der sich besonders gut in die umgebende Natur einbindet. Das Gebäude liegt etwa 1,5 Meter unter dem Niveau der Grasnarbe. Es ist ohnehin flach gehalten und das Dach ist komplett begrünt und begehbar. Gut sichtbar ist das Informationszentrum daher eigentlich nur von der Straßenseite her. Wer sich von hinten auf dem Radweg zwischen Hülben und Grabenstetten nähert, könnte den Bau, angelehnt an ein keltisches Hügelgrab, glatt übersehen.

Von Beginn an, der offizielle Spatenstich erfolgte am 30. Juni 2022, war der Bauablauf beeinflusst von den parallel ständig stattfindenden archäologischen Untersuchungen, die immer wieder zu kürzeren Unterbrechungen führen konnten. „Das war aber vorher bekannt und in unseren Zeitplan mit eingespeist“, erinnert sich Ott an den Beginn der Bauphase.

Diese verlief dann „sehr harmonisch“, wie Architekten bei solchen Gelegenheiten gerne zu sagen pflegen. Aber in diesem Fall stimmt's. „Wir hatten ja fast ausschließlich regionale Handwerksbetriebe auf der Baustelle. Für alle war es etwas Besonderes, bei diesem außergewöhnlichen Projekt dabei zu sein. Dementsprechend haben sich auch alle mächtig ins Zeug gelegt“, verteilt der Architekt ernstgemeinte Komplimente.

Entstanden ist in fast zweijähriger Bauzeit ein echtes Kulturdenkmal. Die Nutzfläche beträgt 615 Quadratmeter, rund 350 davon dienen als Ausstellungsfläche. Dazu gesellen sich ein kleiner Shop- und Bistrobereich sowie barrierefreie Toiletten und Haustechnik und Büroräume. Besonders Wert wurde auf die verwendeten Materialien gelegt, die ausschließlich natürlichen Ursprungs sind. „Kunststoff passt einfach nicht zu den Kelten“, verdeutlicht Ott. Stattdessen finden sich beispielsweise Fichtenholz, Esche, Bronze oder Schwarzstahl wieder.

Gemeinschaftsprojekt

Unterm Strich hat das Heidengrabenzentrum samt Aussichtsturm knapp 5,2 Millionen Euro gekostet. Zwei Millionen davon kamen als Zuschuss vom Bund, 1,75 Millionen vom Land Baden-Württemberg, 700.000 Euro von den drei beteiligten Kommunen, 300.000 Euro von den Landkreisen Reutlingen und Esslingen, 277.000 Euro gab es als Zuschuss für den Turm, die Region Stuttgart hat 50.000 Euro beigesteuert und die KSK Esslingen 20.000. Somit hat sich das Heidengrabenzentrum den Titel „Gemeinschaftsprojekt“ mehr als verdient.

Die Ausstellung selbst wurde von der Firma AHA Systeme aus Grabenstetten entworfen und umgesetzt. Fundstücke sind darin nicht zu finden, die liegen entweder im Landesmuseum in Stuttgart oder im Keltenmuseum Grabenstetten. Aufgabe des Heidengrabenzentrums soll es sein, das Leben der Kelten, die in einem Zeitraum vor 2000 bis 3500 Jahre auf der Schwäbischen Alb gelebt haben, erlebbar zu machen. Interaktiv, mit vielen Bildern, Filmen und Informationen, präsentiert von Avataren, zeigt sich die Ausstellung geeignet für Jung und Alt. Zusätzlich gibt es Wissenswertes an jeder Station über QR-Codes, die mit dem Smartphone abgerufen werden können. Dazu gesellen sich originalgetreue Nachbauten, teils sogar von Hand gedrechselt und gefertigt. Das Material, etwa eines Karrens, der in der Ausstellung in einer Bestattungszeremonie zu sehen ist, haben tatsächlich auch bereits die Kelten verwendet.

Am Wochenende vom 7. bis 9. Juni wurde das Heidengrabenzentrum eingeweiht. Und natürlich ließ sich auch Landesvater Winfried Kretschmann dieses besondere Ereignis nicht entgehen. „Einfach toll“, lautete sein Urteil nach dem Besuch, „einfach toll“ sollen auch möglichst viele Besucher in den kommenden Jahren sagen können.