Der Tod gehört zum Leben auf dem Waldfriedhof Schwäbisch Hall
Sonderveröffentlichung

Tag des offenen Tores Hall Der Tod gehört zum Leben auf dem Waldfriedhof Schwäbisch Hall

Nachmittag der Begegnung und Besinnung: Das Krematorium und der Waldfriedhof laden am 30. Juni 2024 zum „Tag des offenen Tores“ mit Kunstausstellung, Musikdarbietungen und Führungen ein.

Das Krematorium am Waldfriedhof bietet an diesem Tag Führungen durch die Räumlichkeiten an. Fotos: Privat

28.06.2024

Die Gießkanne, ein Alltags-Gegenstand. Aus Blech oder Plastik liegen Gießkannen oft achtlos in Gärten. Auf Friedhöfen werden sie auch mal achtsam in Reih und Glied aufgehängt und sind – Gießkannen eben! Sie können aber auch Kunst: 200 Gießkannen – alle zu 100 Prozent aus Recycling-Material – hatte der Fotograf und Künstler Thomas Brenner aus Kaiserslautern in asymmetrischen Wellen erstmals auf dem historischen Hauptfriedhof in Kaiserslautern aufgestellt. Nun ist diese Friedhofskunst nach Schwäbisch Hall umgezogen, auf Initiative von Sandra Lutz, die mit ihrer Familie das Humankrematorium in Schwäbisch Hall sowie mehrere Heimtier- und Pferdekrematorien betreibt. Aber Kunst am Friedhof, wer soll da denn bitteschön hingehen?

„Jeder“, sagt Sandra Lutz. „Der Friedhof ist wunderschön, wie ein Park. Ein Ort der Kontemplation. Aber unsere westliche Kultur schiebt den Tod immer noch weit weg. Die letzte Lebensphase von Menschen wird meist an Alten- und Pflegeheime abgegeben und irgendwann ist er doch da, der Tod. Es gibt vieles zu klären, viele Angehörige sind überfordert. Der Tod ist ein stark emotionales Thema, oft noch ein Tabu.“ Sandra Lutz spürt da etwas nach, was sich zögerlich ändert. Denn eines ist Fakt: Der Mensch ist das einzige Wesen, das weiß, dass es sterben wird.

Friedhofskultur im Wandel

Moderne Friedhofskunst: 200 Gießkannen in asymmetrischen Wellen angeordnet - das Kunstwerk ist nun in Schwäbisch Hall zu sehen. 
Moderne Friedhofskunst: 200 Gießkannen in asymmetrischen Wellen angeordnet - das Kunstwerk ist nun in Schwäbisch Hall zu sehen. 

Zahllose Künstler und Literaten haben sich damit beschäftigt, 2023 war es die Ausstellung „un_Sterblich“ im Humboldt Museum in Berlin, die dieses Thema aufgriff. In Luzern in der Schweiz gab es dieser Tage großes Medienecho, als der Friedhofsgärtner Erdbeeren und Kräuter auf Gräber pflanzte. „Der Friedhof und die Bestattungskultur sind in den letzten Jahren stark im Wandel. Neue Bestattungsformen kommen“, weiß Sandra Lutz. „Es ist doch merkwürdig: Über die Geburt machen wir uns viele Gedanken, suchen das passende Kranken- oder Geburtshaus aus. Es ist doch nur logisch, auf etwas vorbereitet zu sein, das unweigerlich kommt. Wir wollen auch den Schrecken nehmen“, erklärt sie weiter.

Auch deshalb gibt es am Sonntag, 30. Juni, von 13 bis 17 Uhr den Tag der offenen Tür im Krematorium und den Tag des offenen Tors am Waldfriedhof in Hall. „Ich bin sehr froh, dass auch die Stadt beziehungsweise das Friedhofsamt so offen sind und einen Tag ermöglichen, bei dem auch Steinmetze oder Bestatter über ihre Angebote informieren. Und der Gärtner eine nachhaltige Bepflanzung zeigt. Vielleicht ist Gemüse eine Möglichkeit?“

Dieses Gemüse muss gepflegt und geerntet werden. „Es geht bei Menschen und Pflanzen um das Werden und Vergehen – auch hier schließt sich ein Kreis. Zudem sind Friedhöfe Biotope, die in einer immer weiter versiegelten Welt einer Vielzahl von Tieren Lebensraum bieten.“ Auch deshalb lohne es sich, heimische Gewächse und Blumen anzupflanzen, die auch Insekten und Vögeln nutzen.

Musik, Kunst und mehr

Sandra Lutz möchte all diese Facetten und Schönheit aufzeigen. Es wird am Tag der offenen Tür und des offenen Tores Führungen im Krematorium und am Friedhof geben, ein Horntrio wird spielen, Ines Weidenbacher wird mit Liedern ebenfalls musikalisch untermalen. Der Verein „HELP wir helfen“ wird am Eingangsbereich die Besucher verköstigen. „Es geht um Gespräche und Begegnungen. Auch über das zweite Kunstwerk, einen Kubus aus 6000 typisch roten Grablichtern, der bei uns am Krematorium steht.“

Es geht letztlich darum, auf einem Friedhof länger zu verweilen, ihn herauszulösen aus der reinen Grabpflege. „Und womöglich inspiriert dieser Tag auch den einen oder die andere, den Friedhof auch später als Park zu entdecken, zu spazieren oder dorthin ein Buch mitzunehmen“, wünscht sich Sandra Lutz. „Er soll ein Platz der Ruhe sein, für eine Mittagspause, ein Kommunikationsort und dies alles ganz stadtnah.“ pm