Nach der Schule in den Freiwilligendienst
Sonderveröffentlichung

Freiwilligendienst Nach der Schule in den Freiwilligendienst

Schulabschluss in der Tasche und dann? Wer sich für einen Freiwilligendienst entscheidet, sondiert schon mal vorab, ob das gewählte Arbeitsfeld auch beruflich in Frage kommt. Das Angebot der freiwilligen Arbeit ist sehr umfangreich.

Ein Freiwilligendienst gibt jungen Leuten die Chance, etwas für sich selbst und andere Menschen zu tun. FOTO: HANS SCHERHAUFER

14.07.2021

Der Schritt aus dem Klassenzimmer hinaus in die Berufswelt kann herausfordernd sein. Manche Schulabgänger haben vielleicht schon eine grobe Idee von ihrer beruflichen Zukunft, andere fangen bei Null an. In beiden Situationen kann Kathrin Bothe zu einem Freiwilligendienst raten. Als Berufsberaterin bei der Arbeitsagentur hilft sie seit 20 Jahren jungen Menschen bei der Orientierung nach dem Schulabschluss. „Ein Freiwilliges Jahr kann man sich wie eine ,Ausbildung light‘ vorstellen“, sagt Bothe. Denn in dieser Zeit müssen sich die Freiwilligen in einer neuen Umgebung zurechtfinden, sich in ein neues Aufgabengebiet einarbeiten und unter Umständen bereits von zuhause wegziehen. Außerdem bekommen sie eine Vorstellung davon, ob ein bestimmtes Berufsfeld zu ihnen passt. Aber auch langfristig hinterlässt ein freiwilliges Engagement seine Spuren, meint Bothe: „Man bewertet die Arbeit der Menschen, die man dort kennenlernt, als gesellschaftlichen Beitrag anders.“

Durchblick im Dschungel der Angebote

Wer den Entschluss gefasst hat, nach der Schule einen Freiwilligendienst zu machen, steht vor der Auswahl zahlreicher Angebote. Um die geeignete Einsatzstelle für sich zu finden, bleibt Interessierten nichts anderes übrig als sich durch den „Programm-Dschungel durchzuarbeiten“, sagt Frank Seidel, Gründer der Orientierungsplattform „wegweiser-freiwilligenarbeit.com“. Der Klassiker unter den öffentlich geförderten Jugendfreiwilligendiensten ist das Freiwillige Soziale Jahr (FSJ). Dahinter verbirgt sich aber nicht nur die Arbeit in Kindertagesstätten, Pflegeeinrichtungen und Krankenhäusern. Ein FSJ kann man zum Beispiel auch in der Denkmalpflege oder in Sportvereinen absolvieren. Hinzu kommen eine Reihe spezialisierter Dienste, darunter das Freiwillige Ökologische Jahr (FÖJ) aber auch das FSJ Kultur, FSJ Schule, FSJ Politik oder der Bundesfreiwilligendienst Kultur und Bildung. Für naturwissenschaftlich Interessierte bietet sich auch ein Freiwilliges Wissenschaftliches Jahr an. Dabei können Freiwillige bei Professorinnen oder Wissenschaftlern an Forschungseinrichtungen oder Hochschulen aushelfen, erklärt Bothe. Auch wer nach der Schule ins Ausland möchte, kann sich zwischen verschiedenen öffentlich geförderten Programmen entscheiden. Dazu gehören der entwicklungspolitische Dienst „weltwärts“, der Internationale Jugendfreiwilligendienst „kulturweit“ und das „Europäische Solidaritätskorps“.

Darüber hinaus gibt es auch eine Reihe nicht geförderter Angebote. Bei allen Auslandsvorhaben rät Frank Seidel aber, sich gut über die jeweiligen Prozesse zu informieren. Voraussetzung für einen öffentlich geförderten Jugendfreiwilligendienst ist, dass die Bewerber einen Schulabschluss mitbringen und zwischen 16 und 27 Jahre alt sind. In manchen Fällen liegt das Mindestalter auch bei 15 Jahren. Die Bewerber verpflichten sich in der Regel, für sechs bis zwölf Monate in einer Einrichtung in Vollzeit zu arbeiten. Das FSJ beginnt meist zwischen September und Oktober, unter Umständen sind individuelle Regelungen möglich. Schulabgänger müssen sich aber nicht auf die Stellenausschreibungen der Jugendfreiwilligendienste beschränken. Sie können auch Angebote des Bundesfreiwilligendienstes (BFD) nutzen. Dieser steht Menschen nach dem Schulabschluss ohne Altersbeschränkung zur Verfügung.

Mit eineinhalb Jahren Vorlauf Kontakt aufnehmen

Die genauen Bewerbungsfristen legen die Trägerorganisationen selbst fest. Häufig liegen diese aber ungefähr ein halbes Jahr vor Beginn. Bothe rät Interessierten, sich ein bis anderthalb Jahre vorher mit ihrer Wunscheinrichtung in Verbindung zu setzen. Wer sich seine Zeit im Freiwilligendienst später als Praxiserfahrung auf einen Studienplatz anrechnen lassen möchte, sollte auf einen der offiziell anerkannten Dienste setzen. Ein Jahr so ganz ohne Bezahlung zu arbeiten und Erfahrung zu sammeln, das kann sich nicht jeder leisten. Die finanzielle Gestaltung sei zwar von der jeweiligen Trägerorganisation abhängig, sagt Kathrin Bothe, sie bewege sich aber letztlich in einem finanziellen Rahmen angefangen bei 150 bis zu 450 Euro im Monat. dpa-news
 

Vorgesorgt mit FSJ und BFD

Wer sich in jungen Jahren sozial engagiert, tut damit auch sich selbst etwas Gutes: Die Zeiten zählen nämlich für die spätere Rente.

Wer ein Freiwilliges Soziales oder Ökologisches Jahr oder den Bundesfreiwilligendienst leistet, tut nicht nur jetzt anderen etwas Gutes, sondern sich selbst für später – denn diese Dienste zahlen sich für die Rente aus. Gut zu wissen: Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber zahlen für diese Zeit die Rentenversicherungsbeiträge für die Angestellten allein. Darauf weist die Deutsche Rentenversicherung Bund hin.

Die spätere Rente erhöht sich somit, ohne dass die Versicherten selbst Beiträge in die Rentenversicherung eingezahlt haben. Arbeitgeber melden der Rentenversicherung den Dienstbeginn und teilen die Beschäftigungszeiten sowie die Höhe der Arbeitsentgelte mit. Grundlage für die Beitragshöhe sind das ausbezahlte Taschengeld und eventuelle Sachleistungen wie Unterkunft und Verpflegung. Gut zu wissen: Diese Zeiten helfen dabei, die Mindestversicherungszeiten für Rentenansprüche zu erfüllen. Deshalb sollte der bei der Rentenversicherung geführte Versicherungsverlauf stets auf Vollständigkeit geprüft werden, damit keine Zeiträume ausgelassen bzw. vergessen werden.

Wer aber bereits das reguläre Rentenalter erreicht hat und eine volle Altersrente bezieht, ist während des Bundesfreiwilligendienstes versicherungsfrei und bekommt keine Rentenbeiträge mehr gutgeschrieben. Bezieher einer Altersvollrente, die das reguläre Rentenalter noch nicht erreicht haben, müssen eine jährliche Hinzuverdienstgrenze beachten. Aufgrund der anhaltenden Corona-Pandemie liegt diese 2021 bei 46 060 Euro. Ab 2022 gilt wieder die reguläre Hinzuverdienstgrenze von 6300 Euro. Wird dieser Wert überschritten, werden 40 Prozent des darüber liegenden Betrages auf die Rente angerechnet. dpa-tmn