Schwäbisch Hall Unicorns: Corona, Europa und eine bittere Niederlage
Sonderveröffentlichung

Die Unicorns-Saison Rückblick Schwäbisch Hall Unicorns: Corona, Europa und eine bittere Niederlage

Bilanz Auch wenn die Spielzeit 2021 mit einer Niederlage endet, ist es für die Unicorns dennoch eine erfolgreiche Saison gewesen. Schwäbisch Halls Footballer werden zwar nicht Deutscher Meister, holen aber den ersten internationalen Pokal.

Tyler Rutenbeck bejubelt einen seiner zwei Touchdowns im German Bowl. Foto: Manfred Löffler

14.10.2021

Der bittere Geschmack der Niederlage im German Bowl hat beim Empfang im Rathaus fast alles überdeckt. Dabei lohnt der Blick zurück. Denn die Spielzeit 2021 war eine im wahrsten Sinne des Wortes merkwürdige Saison, die vieles brachte, was man im Football bislang nicht kannte: Geisterspiele, kurzfristigen Heimrechttausch und vor allem Corona-Tests, Corona-Tests, Corona-Tests.Mehr als eineinhalb Jahre mussten die Unicorns nach dem German Bowl 2019 auf das nächste Spiel warten. Wegen der Pandemie fiel die Spielzeit 2020 komplett aus und für 2021 ersannen sich die GFL-Verantwortlichen einen anderen Modus, so dass die Saison weniger Spiele beinhaltete und somit später beginnen konnte. „Corona hat uns vor ein paar neue Herausforderungen gestellt“, meinte Jörg Dreßler, damals im GFL-Ligavorstand für die Spielbetrieb zuständig.

Der Auftakt war eine Absage. Die Schwäbisch Hall Unicorns hatten sich erstmals für die Teilnahme an der Central European Football League (CEFL) entschlossen und sollten dort am 22. Mai gegen die Carlstad Crusaders aus Schweden spielen. Die Corona-Auflagen verhinderten jedoch eine Einreise der Gäste, so dass die Unicorns kurzfristig die Razorbacks aus Fürstenfeldbruck zu einem Testspiel einluden.

Geisterspiel zu Beginn

Die Partie gegen den Zweitligisten endete 62:16 vor exakt null Zuschauern. Die Begegnung musste ohne Publikum stattfinden. Auf der Tribüne saßen lediglich rund zehn Ehrenamtliche. Die Fans mussten mit dem Livestream Vorlieb nehmen.

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Da ist das Ding: Headcoach Jordan Neuman mit dem Siegerpokal der Central European Football League. Foto: Manfred Löffler

Immerhin: Es wurde wieder Football gespielt. Das GFL-Saison-Eröffnungsspiel der Unicorns wieder gegen die Razorbacks, allerdings gegen die aus Ravensburg, wurde live auf Sport1 übertragen. 100 Zuschauer waren unter strengen Auflagen zugelassen. Top-Niveau erreichten weder die Übertragungsqualität noch das Spiel, aber wieder galt: Hauptsache, es tut sich etwas in Football-Deutschland. Der Vertrag mit Sport1 beispielsweise war für die GFL besonders wichtig, da es mit der neu gegründeten European League of Football (ELF) eine mehr oder weniger direkte Konkurrenz gab.

Nur eine Woche nach dem GFL-Auftakt reisten die Unicorns nach Chur. Eigentlich hätten die dort ansässigen Calanda Broncos zum CEFL-Halbfinale kommen sollen, doch zum damaligen Zeitpunkt waren die Ausreiseregelungen aus der Schweiz strenger als die Einreiseregeln in die Schweiz. So fuhren die Haller nach Chur und spielten dort vor rund 1000 Zuschauern, gewannen und zogen ins Finale ein. Football fühlte sich ein bisschen normaler an.

Der Einzug in das europäische Finale war ein großes Ziel der Verantwortlichen. Dass dann noch der Gegner die Raiders aus Innsbruck waren, passte allen Unicorns noch mehr. Schließlich hatten diese den Unicorns fünf Jahre zuvor eine heftige 33:0-Klatsche verpasst. 2021 wollten die Unicorns nicht nur Revanche, sondern ihren ersten europäischen Titel. Runningback John Santiago brach sich im Vorfeld die Hand, konnte ebenso wie einige andere US-Amerikaner nicht dabei sein, da es in der CEFL eine strengere US-Spieler-Beschränkung gibt. Die Unicorns gewannen in einem dramatischen Spiel vor 3000 Zuschauern 22:16, feierten ausgelassen ihren ersten internationalen Titel. Die ganzen Mühen im Vorfeld – Corona-Tests, Reiseformalitäten, Auswahl der Spieler für den Kader – hatten sich gelohnt.

In der GFL Süd zogen die Unicorns einsam ihre Kreise. Stuttgart und Frankfurt waren wegen der ELF-Konkurrenz vor der Haustüre so geschwächt, dass die Begegnungen gegen diese Teams höchstens Testspielcharakter hatten. Die Ergebnisse von 77:0 und 82:0 machten das mehr als deutlich. Einigermaßen gefordert wurden die Unicorns in München (20:7) und vor allem im Heimspiel gegen die Allgäu Comets (33:21). „So müsste es eigentlich immer sein“, meinte damals Safety Christian Köppe.

Besondere Playoff-Spiele

Immerhin: Nach und nach durften wieder mehr Zuschauer in den Optima-Sportpark und rechtzeitig zu den Playoffs gab es zwar das mittlerweile allseits bekannte 3G, aber dafür durften theoretisch bis zu 5000 Menschen kommen.

Die Playoffs hatten es aus verschiedenen Gründen in sich. Der Viertelfinalgegner Braunschweig war vier Jahre lang hintereinander der Gegner der Unicorns im German Bowl. Doch in diesem Jahr waren die Lions längst nicht so stark und hatten beim Gastspiel in Hall nur wenig Chancen.

Die Unicorns gingen mit viel Selbstvertrauen ins Halbfinale gegen die Potsdam Royals – und dort wurde es bitter: John Santiago erlitt einen Kreuzbandriss, Quarterback Alexander Haupert verletzte sich am Meniskus. Zwar zogen die Unicorns in den German Bowl ein, aber die Vorbereitung verlief allein schon wegen der Quarterback-Frage – Reilly Hennessey wurde aus Italien nachverpflichtet – nicht so, wie es normal gewesen wäre.

Im German Bowl war zwar Haupert wieder auf dem Feld, brach sich aber das Schlüsselbein. Aufgrund zu vieler Fehler in der zweiten Hälfte verlor Hall das deutsche Finale gegen die Dresden Monarchs, doch angesichts der ungewöhnlichen Umstände war es unter dem Strich gute Saison für die Mannschaft. Hartmut Ruffer

„Die Corona-Pandemie hat uns vor ein paar neue Herausforderungen gestellt.“

Jörg Dreßler GFL-Ligavorstand

„Das Spiel gegen die Allgäu Comets – so müsste es eigentlich immer sein“

Christian Köppe Safety der Unicorns