Sonderveröffentlichung

WEIHNACHTSSPIEL 2023 Merlins-Trainer Crailsheim: „Jeden Tag kann man etwas Neues lernen“

Jussi Laakso spricht er über Besuche bei seinen Landsleuten und ein kurioses Wiedersehen

Nach der gelungenen Aufholjagd gegen Tübingen brechen in der Arena Hohenlohe in Ilshofen alle Dämme bei den Spielern, Verantwortlichen und Fans der HAKRO Merlins Crailsheim. Für Trainer Jussi Laakso war es der erste und bislang einzige Sieg, seit er bei den Merlins im Amt ist. Gegen Heidelberg, in Ulm und in Bamberg gab es Niederlagen. Foto: Die Lichtbuilder

27.12.2023

Herr Laakso, wie heißt Ihr Lieblingsfilm?

Jussi Laakso:
Es ist kein Basketballfilm. Mein Lieblingsfilm ist „Die üblichen Verdächtigen“. Kevin Spacey ist in diesem Film großartig. 

Ich frage deshalb, weil Hollywood-Regisseur Renny Harlin wie Sie in Riihimäki im Süden Finnlands geboren ist. Zu seinen bekanntesten Filmen gehören Deep Blue Sea, Die Piratenbraut, Tödliche Weihnachten, Stirb langsam 2 und Cliffhanger – Nur die Starken überleben. Wie können die Merlins in dieser Saison in der Bundesliga überleben?

Wenn wir uns immer weiter verbessern, wie wir es im letzten Monat getan haben. Es geht nicht immer nur um die reinen Ergebnisse. Die Resultate werden kommen, wenn man hart und diszipliniert arbeitet. Dann ist alles möglich. Ich möchte, dass die Spieler die richtige Mentalität mitbringen. Auch wenn wir mit Widrigkeiten und Niederlagen umgehen müssen, ist Zeit, sich zu verbessern. Wir sind in fast jedem Spiel der Außenseiter. Das müssen wir zu unserem Vorteil einsetzen, wir müssen lernen, ohne Druck zu spielen. Wir müssen zeigen, dass man uns nicht so einfach schlagen kann. 

Warum kommt die Mannschaft oft erst nach deutlichem Rückstand in Schwung?

 Wir müssen von der ersten Minute an da sein, aktiver und aggressiver spielen. Wir vermitteln dem Team, dass wir von Anfang an viel mehr Energie zeigen und schneller spielen müssen, damit wir einfachere Punkte machen. Defensiv wollen wir mehr Druck auf den Ballführenden ausüben. Wir müssen auch besser rebounden. Und wir wollen den Gegner dazu zwingen, dass er öfter passen muss, dass er nicht so einfach zum Korb ziehen kann, dass er schwierige Würfe nehmen muss. 

Wie schwer war es für Sie, mitten in der Saison eine Mannschaft zu übernehmen?

Ich will nicht sagen, dass es schwierig ist, aber es ist auf jeden Fall nicht einfach. Man muss schnell eine Beziehung zu den Spielern aufbauen, Spieler und Trainer müssen sich gegenseitig schnell vertrauen. Das ist immens wichtig und uns schon ganz gut gelungen, wie ich finde. Wir befinden uns aber immer noch in einem Prozess, das klappt nicht alles in einer Woche. Man hat wenig Zeit, der Terminplan ist vollgepackt, denn Spiel folgt auf Spiel, Training auf Training. Man muss schlaue Entscheidungen treffen. Eines der schwierigsten Dinge ist, dass ich die Mannschaft nicht selbst mit zusammengestellt habe, andere Leute haben die Spieler vor der Saison verpflichtet. Ich bin der Neue, der hinzukam von außen. Das ist vielleicht der herausforderndste Part. 

Sie sind erst seit Mitte November bei den HAKRO Merlins Crailsheim. Was müssen Fans über Sie wissen?

Ich bin ein absoluter Familienmensch, verheiratet, habe eine Tochter und einen Sohn. Ich bin ein emotionaler Trainer, ich halte viel von Psychologie, wie man mit Spielern, im Trainerteam oder im Büro miteinander umgeht. Man muss in die gleiche Richtung wollen, ein gemeinsames Ziel haben. Für uns ist das jetzt ganz klar der Klassenerhalt. Dafür tun wir alles. Ich bin Trainer, seit ich 14 Jahre alt bin. Mit jetzt 47 Jahren bin ich immer noch ein junger Coach, der jeden Tag dazulernt und auch dazulernen will – nicht nur auf den Basketball bezogen, sondern generell im Leben will ich immer dazulernen. Jeden Tag kann man etwas Neues lernen, das ist meine Einstellung. Ich lege großen Wert auf Ehrlichkeit, Offenheit und Direktheit, in so einer Umgebung möchte ich arbeiten. Kritik sollte niemals persönlich werden, und Zufriedenheit tötet Fortschritt. Ich reflektiere mich jeden Tag selbst: Sind meine Handlungen und Entscheidungen die richtigen für den Klub und das Team? 

Wie würden Sie Ihre ersten Wochen in Crailsheim zusammenfassen?

Leider ist meine Familie nicht hier, sie ist in Helsinki geblieben. Mein Vertrag läuft bis Mai. Und wenn es weitergehen sollte in Crailsheim, ist es auch noch nicht entschieden, dass meine Familie herzieht. Sie waren schon eine Woche hier, das war wirklich großartig. Vielleicht kommen sie nächsten Monat wieder, das würde mir noch mehr Energie geben. Die ersten Wochen in Crailsheim waren gut, ich mag das Klubumfeld, Crailsheim ist eine schöne Kleinstadt. Die Menschen sind sehr freundlich zu mir, ich erfahre große Unterstützung von den Menschen im Verein. Das fühlt sich gut an. 

Crailsheim hat mit einem finnischen Trainer schon einmal einen Abstieg und nach zwei Jahren in der zweiten Liga dann einen rasanten Aufstieg in der BBL erlebt. Waren Sie mit Tuomas Iisalo vor Ihrer Amtsübernahme im Austausch über die HAKRO Merlins?

Ja, Tuomas ist ein guter Freund von mir. Und auch mit Vesa Vertio habe ich gesprochen, er war ja in Crailsheim Co-Trainer und dann auch mein Co-Trainer bei den Helsinki Seagulls, wo er jetzt der Chefcoach ist. Vesa ist mein bester Freund. Mit Tuomas telefoniere ich fast wöchentlich. Ich wusste deshalb schon viel über Crailsheim und die Merlins. Und: Ich war schon einmal in Crailsheim und habe Tuomas und Vesa eine Woche lang besucht, als sie in der Pro A waren. Damals habe ich auch das Weihnachtsspiel und die Begeisterung der Merlins-Fans gesehen (2016 siegte Crailsheim 90:69 gegen Kirchheim; Anm. d. Red.). 

Vor einigen Monaten haben Sie Ihren Freund und Landsmann Danny Jansson in Tübingen besucht und sogar bei ihm übernachtet. Ist es nicht kurios, dass Sie gegen ihn Ihren ersten Sieg als Coach in der Bundesliga feiern durften?

Zuvor habe ich ja noch Joonas Iisalo in Heidelberg besucht, dann ein paar Spielerinnen in Keltern, ich bin ja auch Trainer der finnischen Frauennationalmannschaft, dann war ich in Pforzheim und bin dann nach Tübingen gefahren. In Dannys Wohnung habe ich drei Tage verbracht. Und ein paar Wochen später treffe ich Joonas und Danny als Trainer von Crailsheim. Das ist wirklich verrückt! Ich durfte ja auch Trainingseinheiten, Spielvorbereitungen und Spielen beiwohnen, die Spieler und das Management wussten, wer ich bin. 

Und dann haben die HAKRO Merlins Crailsheim, angetrieben von ihren Fans, gegen die Tigers Tübingen in der zweiten Halbzeit noch einen Rückstand von 26 Punkten aufgeholt und mit 87:84 gewonnen…

Das ist verrückt! Ich weiß immer noch nicht, wie diese Energie zurückkam. Joachim Mayershofer

Steckbrief Jussi Laakso

Cheftrainer Jussi Laakso Foto: Merlins
Cheftrainer Jussi Laakso Foto: Merlins

Geburtstag: 12. Juni 1976

Geburtsort: Riihimäki

Wohnort: Crailsheim

Familienstand: verheiratet, einen Sohn, eine Tochter

Beruf: Basketballtrainer; Studienabschluss in Informationstechnologie

Hobbys: derzeit Deutsch lernen, alle möglichen Sportarten im TV schauen, Fitness
Bisherige Stationen: BC Nokia (Jugend), Lappeenrannan NMKY, Catz Lappeenranta, NMKY Helsinki (Frauen), Honka Akatemia (Frauen), Tapiolan Honka (Frauen und Jugend), Karhu Basket, Helsinki Seagulls, finnische Nationalmannschaft der Frauen, HAKRO Merlins Crailsheim

Größte sportliche Erfolge: finnischer Meister mit Karhu Basket 2018 und 2019 und mit den Helsinki Seagulls 2023, finnischer Pokalsieger mit den Helsinki Seagulls 2020, 2021 und 2022; Trainer des Jahres der Korisliiga 2018 und 2023


A oder B?

Eine Schnellfragerunde mit Jussi Laakso

Winter oder Sommer?
Sommer

Urlaub am Meer oder in den Bergen?
Am Meer

Kaffee oder Tee?
Tee

Eishockey oder Fußball?
Fußball

Skispringen oder Rallye?
Rallye

Helsinki oder Berlin?
Helsinki

Heimsieg oder Auswärtssieg?
Beides

Weihnachten oder Silvester?
Silvester

Punkte oder Assists?
Assists

Point Guard oder Center?
Point Guard

Snoop Dog oder Eminem?
Eminem

Baltischer Hering oder Schnitzel?
Schnitzel

Spaziergang oder Joggen?
Spaziergang

Lesen oder Fernsehen?
Fernsehen

Bauchmensch oder Kopftyp?
Bauchmensch