Volksfestmode, keine Tracht
Sonderveröffentlichung

Wir sind wieder da! Volksfestmode, keine Tracht

Was zum Volksfest getragen wird, hat mit der fränkischen Tracht nichts gemein, sagen Günter Muntzinger und Birgit Schenkel von Gino Ginero. Volksfestmode ist bunt und hip.

Zarte Spitze, Perlen, glänzende Stoffe und die passenden Accessoires: Damit ist frau auf dem Fest gut angezogen. Foto: Kerstin Regner

16.09.2022

Herr Muntzinger, Frau Schenkel: Tragen Sie Tracht?

Günter Muntzinger Eines müssen wir klar unterscheiden: Das, was wir verkaufen, ist keine Tracht im traditionellen Sinne. Es handelt sich um eine schöne und besondere Volksfestmode. Und ja, die trage ich ab und zu. Im Festzelt natürlich. Aber auch im Vorfeld des Volksfestes bei uns im Verkauf, wenn es an den Samstagen hoch hergeht.

Was ist anders an der Volksfestmode?

Birgit Schenkel Sie ist bunter, mit mehr Glitzer, Strass und Perlen und einfach zeitgemäßer. Die alte fränkische Tracht mit Gehrock und Dreispitz oder den schweren Röcken mit den Bändern am Saum – an denen man übrigens ablesen konnte, wie wohlhabend die Familie war – sowas zieht auf dem Volksfest keiner mehr an. Selbst die, die noch eine besitzen. Sie ist sicher auch zu kostbar fürs Bierzelt.

Gibt es Unterschiede, was in München auf dem Oktoberfest getragen wird ist und was hier auf dem Fränkischen Volksfest?

Birgit Schenkel Unsere Volksfestmode ist ein bisschen an die bayerische Mode angelehnt: Alles, was heute in München angesagt ist, ist im nächsten Jahr auch bei uns gefragt. Aber meist setzen sich nur die Accessoires richtig durch.

Was ist das in diesem Jahr ein absolutes Muss? Was gehört unbedingt zum Outfit dazu?

Günter Muntzinger Für ihn: Hemd, Lederhose, Socken und Schuhe – das verkaufen wir auch als Set. Für sie: Dirndl, Bluse und Schürze, dazu eine passende Kette, damit ist oft auch das Budget für den Kleiderkauf ausgereizt.

Kann ich mich, vorausgesetzt ich passe noch rein, auch im Vor-­Corona-­Dirndl ins Festzelt wagen oder falle ich damit auf?

Birgit Schenkel Das kann man auf jeden Fall. Das ist ja gerade das Gute, dass unsere Mode keine Eintagsfliege ist, sondern man sie auch zum im nächsten Event und im nächsten Jahr noch tragen kann. Manche jungen Mädchen holen auch Omas Dirndl aus dem Schrank.

Wie tief greifen die jungen Leute in die Tasche, um sich fürs Volksfest einzukleiden?

Günter Muntzinger Im Schnitt sind es 150 bis 200 Euro. Es geht aber auch darunter und darüber.

Seit wann gibt es diesen Hype zur Volksfest­-Tracht?

Günter Muntzinger Das begann vor mehr als zehn Jahren und es zieht immer weitere Kreise. Viele Feste finden heute in Dirndl und Lederhose statt, selbst im privaten Bereich. Ich kann mich noch gut an die Zeit erinnern, als der Seniorchef der Engel-Brauerei, Wilhelm Fach, allen eine Biermarke spendierte, die in Tracht kamen. Das wäre heute undenkbar.

Womit wird am meisten geschummelt? Mit Gelkissen, um  das Dekolletee aufzupolstern?

Birgit Schenkel Es gibt Push-ups mit den verschiedensten Einlagen. Damit kann frau schon ein üppiges Dekolletee zaubern. Das ist wichtig, wenn sie ein Balkoni-Dirndl trägt. Beim Flachbalkoni muss sie nicht so dick auftragen. Aber geschummelt wird auch mit der Schleife: Rechts gebunden heißt ja „verheiratet und vergeben“. Und links: „ledig und Single“. Die Mitte signalisiert „ich bin auf der Suche“. Nur die Bedienungen tragen die Schleife hinten, was wohl einen praktischen Aspekt hat. Je nachdem, was frau will, kann sie die entsprechenden Signale senden. Ob das immer stimmt, sei dahingestellt.

Helfen die Männer auch nach, um ihr Aussehen ein bisschen, sagen wir mal zu optimieren?

Günter Muntzinger Wir Männer sind doch von Natur aus schön! Zumindest gibt es nicht so viel, womit wir nachhelfen könnten. Ein bisschen aufpeppen können wir uns aber auch: mit weißem Hemd und Weste. Das sieht immer gut aus!

Was tut er, wenn er keinen Hintern in der Lederhose hat oder der Janker in den Schultern einfällt? Gibt‘s auch für ihn Push­ups?

Günter Muntzinger Leider nein. Da hilft nur, Hose richtig hochziehen. Dann passt das schon. Aber oft ist es so: Je höher der Alkoholpegel, desto tiefer sitzt die Hose.

Wie sieht es sonst mit dem Darunter aus: Strumpfbänder, Hüftgürtel, Strumpfhalter oder Strapse  – trägt man das noch?

Birgit Schenkel Ehrlich gesagt, weiß ich das nicht. Bei uns im Geschäft spielt das jedenfalls keine Rolle. Wir hatten mal Fußbänder im Sortiment, die waren aber nicht der Renner. Wir haben sie aus dem Sortiment genommen.

Gibt‘s auch Überraschungen, wenn er die Hosen fallen lässt?  Kleine Hirsche auf der Unterhose?

Günter Muntzinger Bei uns nicht. Im Internet vielleicht.

Kommen wir zu den Details: Sneakers oder Haferlschuhe?

Günter Muntzinger Es kommt darauf an: Trägt sie ein edles Dirndl, dann passen Pumps dazu. Zu den Lederhosen Sneakers, Chucks, oder traditionell Haferlschuhe. Wir haben alles da.

Gürtel oder Hosenträger?

Günter Muntzinger Der Trend geht eindeutig zum Gürtel. Mit einer edlen Schließe oder einem Koppelschloss.

Socken oder Kniestrümpfe?

Günter Muntzinger Bei uns sind es überwiegend Socken. In Bayern zu der traditionellen Tracht werden Kniestrümpfe getragen.

Janker oder Hut?

Günter Muntzinger Ist bei uns kein großes Thema. Im Festzelt ist es zu warm für eine Jacke und zieht man sie aus, weiß man nicht, wohin damit.

Kariertes oder weißes Hemd?

Günter Muntzinger Früher nur kariert, jetzt zunehmend weiß. Oft wird dazu eine Weste getragen.

Lange oder kurze Hose?

Birgit Schenkel Aktuell sind Bermudas der Hit. Bei den Mädels auch ganz kurze Hosen, früher haben wir Hotpants dazu gesagt. Solche, die kaum den Hintern bedecken.

Glattleder oder Velours?

Günter Muntzinger Meist Ziegenvelours.

Was tun, wenn das nass wird?

Günter Muntzinger Langsam trocknen lassen. Nicht in der Sonne und nicht an der Heizung, dann bleibt es weich. kere