Studiengänge gibt es wie Sand am Meer – allein in Deutschland gibt es rund 20 000 verschiedene, die Jugendliche nach deinem Abitur studieren könntest. Eine Studienform, die in den letzten Jahren immer beliebter wurde, ist das duale Studium. Über 100 000 Menschen studieren aktuell in Deutschland dual, so das Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB). Die Möglichkeiten für Schulabgänger sind dabei sehr vielfältig und viele Unternehmen bieten es auch auf Nachfrage an. Aber was steckt eigentlich hinter dem Begriff und wie kann man sich ein duales Studium vorstellen?
Was ist ein duales Studium?
Das Grundprinzip ist schnell erklärt: Ein duales Studium besteht aus zwei Teilen: theoretische Abschnitte, die an der Universität oder Fachhochschule absolviert werden, und praktische Teile, in welchen man in einem Unternehmen sein erlerntes Wissen gleich auf die Probe stellen kannst. Dort lernt der Student direkt vor Ort, wie im Unternehmen gearbeitet wird. Im Unterschied zum normalen Studium verbringt man also auch viel Zeit außerhalb des Hörsaals und der Bibliothek und startet direkt ins Arbeitsleben.
Wie unterscheiden sich praxis- und ausbildungsintegrierende duale Studiengänge?
Während das Grundprinzip auf den ersten Blick einleuchtend erscheint, entstehen bei einer Internetsuche nach dem Stichwort „duales Studium“ aber bestimmt gleich wieder Fragezeichen: Denn überall wird unterschieden in „ausbildungsintegrierende“ und „praxisintegrierende“ duale Studiengänge. Was steckt dahinter? Bei einem ausbildungsintegrierenden Studiengang erhält man am Schluss neben einem Uni-Abschluss auch einen staatlich anerkannten Berufsausbildungsabschluss. Man studiert also an der Universität oder Hochschule und parallel wird noch eine Ausbildung in einem Unternehmen inklusive Berufsschule absolviert. Bei einem praxisintegrierenden Studium ist die Angelegenheit dagegen übersichtlicher: In den meisten Fällen verbringt der Student abwechselnd mehrere Wochen oder Monate an der Universität mit seinen Kommilitonen und ist dann wieder für einige Zeit im Unternehmen, wo er oder sie die praktische Seite des Berufsfelds kennenlernt. Bei einem praxisintegrierenden dualen Studium erhält man aber dementsprechend nur einen Hochschulabschluss. Dafür sind diese Studiengänge meist kürzer und gehen nur sechs bis sieben Semester, während ausbildungsintegrierende Studiengänge sich tendenziell über sieben bis neun Semester erstrecken.
Wie kommt man an einen dualen Studienplatz?
In den meisten Fällen bewirbt sich der Jugendliche direkt bei einem Unternehmen, welches eine Stelle als dualer Student ausgeschrieben hat. Für duale Studiengänge gibt es allerdings überwiegend eine weitaus längere Vorlaufzeit als bei einem klassischen Studium. Unternehmen sind oftmals bereits ein Jahr vor Studienbeginn auf Bewerbersuche. Sobald man die Zusage eines Unternehmens erhält, schließt man einen Ausbildungsvertrag ab. Mit diesem kann sich der Jugendliche nun an der Hochschule für den dualen Studiengang einschreiben.
Während des Studiums erhält er dann auch bereits ein Gehalt vom Unternehmen. Wie hoch dieses ist, ist von Unternehmen zu Unternehmen unterschiedlich, aber in den meisten Fällen steigt das Gehalt von Jahr zu Jahr an. Falls man selbst keine Idee hat, welche Unternehmen ein duales Studium anbieten, ist es oft hilfreich, sich durch die Internetauftritte der Universitäten zu klicken: Dort werden einem meistens einige Unternehmen begegnen, mit denen die Universität zusammenarbeitet. Und auch die Erfahrungsberichte von aktuell Studierenden können den Interessenten einen besseren Eindruck vom Studentenalltag verschaffen.
Was sind die Vorteile eines dualen Studiums?
Ein Vorteil gegenüber einem klassischen Hochschulstudium scheint offensichtlich: Man sammelt sehr viel Praxiserfahrung. Der Student schließt einen Vertrag mit einem einzigen Unternehmen und durchläufst in den Praxisphasen verschiedene Bereiche. Dadurch wird er genau auf den Berufsalltag in der Branche vorbereitet und es winken gute Chancen, nach einem erfolgreichen Abschluss auch in das Unternehmen übernommen zu werden. Und selbst wenn man nicht in seinem Ausbildungsunternehmen bleiben sollte: Alle Arbeitgeber schätzen Studenten, die bereits praktische Berufserfahrung mitbringen. Bei ausbildungsintegrierenden Studiengängen kommt hinzu, dass man das duale Studium mit zwei Abschlüssen beendest – einem Bachelor und einem Ausbildungsabschluss.
Wo liegen die Nachteile eines dualen Studiums?
Allerdings gibt es auch Nachteile gegenüber einem klassischen Studium. Ein duales Studium ist sehr zeitintensiv und herausfordernd. Monatelange Semesterferien zur freien Verfügung gibt es dort nicht. Wenn man nicht gerade an der Hochschule ist, wird man im Unternehmen praktisch arbeiten. Aber natürlich hat auch ein dualer Student einen Urlaubsanspruch, er ist eben kürzer: Im Normalfall stehen ihm, wie bei klassischen Arbeitnehmern, zwischen 25 und 30 Urlaubstage im Jahr zu. Wenn einem vorschwebt, in der Zukunft eine wissenschaftliche Karriere einzuschlagen, dann ist das duale Studium nicht unbedingt das richtige Sprungbrett: Hier wird mehr auf die Praxis gesetzt und die klassisch akademische Ausbildung ist kein Schwerpunkt. Auch sollte man sich vorher sicher sein, dass das jeweilige Studienfach und Unternehmen zu einem passen. Denn man schließt einen Ausbildungsvertrag für ein bestimmtes Studienfach ab und ein Wechsel des Studiengangs ist nicht vorgesehen. Eine Entscheidung für ein duales Studium will also gut überlegt sein. Ob einem ein Berufsfeld liegt, kann man beispielsweise mit Praktika in diesem Bereich vorab herausfinden.
In welchen Bereichen kann man dual studieren?
Grundsätzlich ist es in fast allen Bereichen möglich, dual zu studieren. Doch meist ist die Anzahl der Studiengänge und deren Plätze begrenzt. Mit 36 Prozent gibt es die meisten dualen Studiengänge im Bereich Ingenieurwesen, wie das BIBB für das Jahr 2019 festgestellt hat, gefolgt von den Wirtschaftswissenschaften, wie beispielsweise BWL, mit 35 Prozent. Dahinter folgen mit 13 Prozent Studiengänge im Bereich Informatik und mit zehn Prozent im Sozialwesen, Gesundheits- und Therapiebereich sowie Erziehungswissenschaften. Sechs Prozent entfallen auf sonstige Studiengänge, wie beispielsweise im Bereich Medien, öffentliche Verwaltung oder Tourismus. Lukas Märkle
Die Geschichte des dualen Studierens
Die Anfänge des dualen Studiums liegen in den frühen 70er-Jahren als in ganz Deutschland viele neue Schulen gegründet und gebaut wurden, sodass es zu einem Anstieg der Abiturientenzahlen kam. Durch diese schlagartig erhöhten Studierendenzahlen wurde zum einen die Frage gestellt, ob denn die Studierenden noch bedarfsgerecht ausgebildet werden oder ob die zielgerichtete Ausbildung im Massenbetrieb der Hochschulen unterging.
Basierend auf diesen Überlegungen wurde 1972 das „Stuttgarter Modell“ der Öffentlichkeit vorgestellt, das die Idee von einer akademischen Bildung und einer praxisnahen Ausbildung in einem Studiengang zusammenfasst.
Aufgrund dessen wurden 1974 die ersten Berufsakademien in Stuttgart und Mannheim neu geschaffen. Allerdings waren die Berufsakademie-Abschlüsse noch nicht als akademische Abschlüsse anerkannt. Dies änderte sich 1995, als die Kultusminister eine Empfehlung aussprachen, nach der die Absolventen von Berufsakademie wie Fachhochschulabsolventen behandelt wurden. Im Jahr 2009 folgte der nächste Schritt. Alle Berufsakademien des Bundeslandes wurden in die neu geschaffene Duale Hochschule Baden-Württemberg (DHBW) überführt. Mit der Gründung erhalten nun auch Absolventen der dualen Studiengänge einen akademischen Abschluss, meist den international anerkannten Bachelor.