Schon früh war für Antonia Hintz klar, dass sie einmal Medizin studieren oder einen Beruf im medizinischen Bereich ergreifen möchte. Bestärkt in dem Wunsch hat sie ihr Berufsorientierungspraktikum (Bogy) in der neunten Klasse in einer Praxis für Allgemeinmedizin, währenddessen sie den Arzt unter anderem zu Hausbesuchen begleitetet. „Das fand ich schon sehr cool“, sagt die Blaufeldenerin.
Aber nach dem Abi, das sie bereits mit 17 Jahren absolviert hat, gleich Medizin studieren? Direkt vom Gymnasium in Gerabronn in eine Uni wechseln und sofort wieder mehr oder weniger die„Schulbank drücken“, erschien ihr nicht reizvoll. Daher beschloss Antonia, die sich vor allem für Biologie und Naturwissenschaften begeistern kann, ein Freiwilliges Soziales Jahr (FSJ) beim Deutschen Roten Kreuz in Crailsheim zu absolvieren. Ein Zwischenschritt, der für sie genau der richtige war, und sie auf neue Ideen brachte. „Mir macht das FSJ großen Spaß und ich kann das jedem nur empfehlen“, schwärmt die 18-Jährige.
Nah dran an Freud und Leid
Natürlich, schränkt sie ein, lägen Freud und Leid bei einer solchen Tätigkeit nah beieinander. Einerseits habe sie mit Palliativpatienten zu tun, die am Ende ihres Lebens stehen. Andererseits sei die Freude im Transporter aber auch groß, wenn jemand beispielsweise nach einem langen Krankenhausaufenthalt geheilt wieder nach Hause gefahren werden kann.
Weil Antonia erst im Oktober vergangenen Jahres volljährig wurde, hatte sie sich im September für das FSJ beworben. Seit Dezember ist sie Teil des Teams auf der Wache. Vorher, im November, absolvierte sie eine vierwöchige schulische Ausbildung zum Rettungshelfer. „Dabei lernt man die Basics, also wie man etwa Blutdruck misst, ein Pulsoximeter anlegt oder Patienten umlagert“, berichtet Antonia, die in ihrer Freizeit gerne Ski fährt, reitet und im Verein Tischtennis spielt. Weitere Themen der Ausbildung seien das Erkennen von unterschiedlichen Krankheitsbildern und lebensbedrohlichen Zuständen, dem eigenständigen Einleiten von lebensrettenden Sofortmaßnahmen, der Assistenz bei der weiteren Versorgung sowie Grundlegendes über Hygiene, Recht und Dokumentation. Die erfolgreiche Teilnahme wird durch eine praktische Prüfung nachgewiesen. Diese beinhaltet eine bestimmte Aufgabe, etwa einen Menschen, der gestürzt ist, richtig zu versorgen.
Antonias Herausforderung war eine, die sie sich niemals selbst ausgesucht hätte: ein Trauma. Eine Kollegin aus dem Kurs simulierte nach einem angeblichen Sturz in der Dusche und Schmerzen im Brustkorb ein Thoraxtrauma. „Meine Aufgabe dabei war, eine Verdachtsdiagnose zu stellen und Anweisungen zu geben, welche Schritte eingeleitet und vorgenommen werden sollen“, erklärt die junge Frau. Das war am Ende weniger schlimm als gedacht. „Ich hatte befürchtet, dass ich bei dem Thema, das erst spät im Kurs behandelt wurde, viel falsch machen kann. Doch es war kein Problem. Trotzdem hatte ich ordentlich Puls“, erzählt sie und lacht.
FSJlerin beim DRK
Mit den Kolleginnen und Kollegen auf der Wache versteht sich die Blaufeldenerin blendend. Ihr Arbeitstag beginnt je nach Schicht beispielsweise um 6.30 Uhr oder um 9.30 Uhr und dauert jeweils acht Stunden inklusive einer halben Stunde Pause. Ihre erste Aufgabe am Tag ist es, die Vorräte im Auto zu checken. Ist genug Sauerstoff da? Muss das Verbandsmaterial aufgefüllt werden? „Ist bereits eine Kollegin oder ein Kollege da, machen wir das zusammen.“ Anschließend treffe man sich im Aufenthaltsraum und sei bereit für Einsätze.
Mehrmals wöchentlich stünden Dialysefahrten an, berichtet sie aus ihrem Alltag.„Dann holen wir Menschen ab, die liegend befördert werden müssen und nicht mit dem Taxi fahren können.“ An anderen Tagen fährt sie Patienten zum ambulanten oder stationären Aufenthalt ins Krankenhaus, holt sie dort wieder ab und fährt Verlegungen von einem Krankenhaus in ein anderes. Die Einsätze werden von der Leitstelle mitgeteilt. Mit dieser ist Antonia als Fahrerin im Funkkontakt und dorthin meldet sie regelmäßig den Status. Sei der Patient aufgenommen und befinde sich im Krankentransport, sei das die Statusnummer sieben. „Acht bedeutet, dass wir gleich wieder frei sind.“
Pkw-Sicherheitstraining
Immer zwei Personen sind bei den Fahrten im Auto dabei. „Der Höherqualifizierte ist beim Patienten, der andere ist der Fahrer“, erklärt die FSJlerin, die demzufolge meist am Steuer sitzt. Dabei komme es vor allem auch darauf an, langsam und schonend zu fahren, also Schlaglöchern und Gullydeckeln möglichst auszuweichen. „Dabei merkt man schnell, wie schlecht unsere Straßen teilweise sind.“
Damit das gut klappt, hatte die Fahranfängerin, die mit 17 Jahren ihren Führerschein für das begleitende Fahren gemacht hat, die Gelegenheit, an einem ADAC-Sicherheitstraining in Schlüsselfeld teilzunehmen. „Eine prima Erfahrung, die ich jedem ans Herz legen möchte, der viel im Auto unterwegs ist“, sagt sie.„Man fährt dort bei nassen, rutschigen Straßen, auf Eis und lernt, wie man in verschiedenen Situation richtig reagiert“, schildert Antonia ihre Erfahrung. „Darüber hinaus macht das aber auch sehr viel Spaß.“
14 Monate dauert die Regelzeit für das FSJ, bei Antonia bis Januar 2025. Doch die 18-Jährige kann sich gut vorstellen, auf 18 Monate zu verlängern und auch die Rettungssanitäter-Qualifikation zu absolvieren. „Die Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten beim Roten Kreuz sind so interessant und vielfältig, dass für mir inzwischen auch eine berufliche Tätigkeit im Rettungsdienst vorstellen kann“, sagt sie. „Lust dazu hätte ich.“ Claudia Linz