Sonderveröffentlichung

3. Messe gesundheitlich Das zentrale Problem ist der Schmerz

Interview Überwiegend ältere Menschen sind von Arthrose betroffen, aber nicht nur, sagt Professor Dr. René Schmidt von den Alb-Fils-Kliniken.

Arthrose führt zu starken Schmerzen an den Gelenken. Oft sind die Knie betroffen, aber auch die Hüfte, die Hände oder die Zehen.

03.11.2019

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Von Heike Siegemund

Das zentrale Problem ist der Schmerz-2
Dr. René Schmidt

Wie entsteht Arthrose?

René Schmidt: Arthrose ist eine multifaktorielle Erkrankung. Das heißt, es sind unterschiedliche Faktoren beteiligt. Dazu gehören unter anderem eine genetische Komponente, also eine familiäre Häufung, eine gestörte Regeneration, die oft mit dem Alter zunimmt, und die mechanische Belastung. Betroffen sind alle Strukturen des Gelenks, am meisten jedoch der Knorpel.

Welche Beschwerden verursacht sie?

Schmidt: Das zentrale Problem ist der Schmerz. Anfänglich ist es ein Belastungs-, dann ein Bewegungs- und zuletzt ein Ruheschmerz. Begleitend kommt es zur Schwellung des Gelenks und zur Überwärmung. Später treten dann zuerst Bewegungseinschränkung und schließlich auch Muskelabbau ein.

Wer ist davon betroffen – sind es hauptsächlich ältere Menschen?

Schmidt: Es sind überwiegend ältere Menschen betroffen - allerdings nicht zwingend durch das Alter alleine, denn der Knorpel kann prinzipiell bis ins hohe Alter problemlos funktionieren. Bei jüngeren Personen entsteht Arthrose oft durch Unfälle. Das können auch kleinere, gar nicht mehr in der Erinnerung präsente Unfälle sein, die zum Beispiel beim Fußballspielen passiert sind.

Wann ist eine Operation unausweichlich?

Schmidt: Die Hauptgründe für einen operativen Eingriff sind der Schmerz und die Einschränkung der Aktivität. Deshalb ist es auch weitgehend eine subjektive Entscheidung des Patienten. Angezeigt ist eine Operation aber auch bei zunehmender Bewegungseinschränkung und Muskelverlust, weil dies sonst nur schwer rückgängig gemacht werden kann.

Ist man nach einer Operation genauso beweglich wie vorher oder kann sich das Kunstgelenk wie ein Fremdkörper anfühlen?

Schmidt: Arthrose kann alle Gelenke betreffen, und die Ergebnisse von Kunstgelenken sind je nach Gelenk unterschiedlich. Am erfolgreichsten sind Hüftprothesen. Hier erreichen Patienten oft einen Zustand, in dem sie das neue Gelenk nicht mehr spüren. Ein wirkliches Fremdkörpergefühl ist selten; es sind dann eher verbleibende Bewegungseinschränkungen, Schwellungen oder teilweise Schmerzen, die gespürt werden.

Wie lange sind solche Prothesen haltbar?

Schmidt: Das ist abhängig vom Ort der Prothese sowie von Alter und Belastung. Für Hüfte und Knie liegt die Haltbarkeit mittlerweile bei durchschnittlich 15 bis 20 Jahren.

Gibt es überhaupt wirksame Alternativen zur Operation?

Schmidt: Eine Operation wird ja in der Regel erst durchgeführt, wenn der Patient trotz Schmerzmittel und anderer Therapien, zum Beispiel Krankengymnastik, Naturheilkunde und physikalische Therapie wie Elektro- und Stoßwellentherapie, nicht mehr mit den Schmerzen und der Aktivitätseinschränkung zurechtkommt. In einem so fortgeschrittenen Stadium ist keine Alternative mehr gegeben.

Kann man vorbeugend etwas tun, um nicht an Arthrose zu erkranken?

Schmidt: Weil auch genetische Faktoren eine Rolle spielen, ist dies nur eingeschränkt möglich. Allerdings kann zum Beispiel das Risiko für Kniearthrose durch Gewichtsreduktion gesenkt werden. Und generell ist Bewegung zur Ernährung des Knorpels empfehlenswert, also Kraft-, Ausdauerund Beweglichkeitstraining. Bei sogenannten high-impact-Sportarten, also Sportarten mit abrupten Richtungswechseln, Stopp- und Drehbewegungen, sollte man jedoch Vorsicht walten lassen, weil es hier zu Verletzungen kommen kann, die dann eine Arthrose initiieren. Eine generelle Vorbeugung durch knorpelschützende Substanzen (Chondroprotektiva) lässt sich mit aktuell vorliegenden Studien nicht belegen – wenn überhaupt führen sie zur Besserung schon bestehender Beschwerden.

Das OUZ

Der 48-jährige René Schmidt ist geschäftsführender Chefarzt des orthopädisch-unfallchirurgischen Zentrums (OUZ) der Alb-Fils-Kliniken.

Das OUZ besteht aus einem Team mit 34 Ärzten, die an beiden Standorten in Geislingen und Göppingen arbeiten und sich gegenseitig helfen. Auch das Medizinische Versorgungszentrum in Donzdorf gehört zum OUZ unter der Leitung von René Schmidt. Er betont: „Dadurch ist das OUZ eine der größten orthopädisch-unfallchirurgischen Einheiten in ganz Süddeutschland“.