Farben zum Wohlfühlen
Sonderveröffentlichung

Bauen & Wohnen Farben zum Wohlfühlen

Häufig gestresste, unruhige oder extrovertierte Charaktere fühlen sich wohler, wenn die Wandfarben nicht besonders satt sind. Beruhigende Erd- und Sandtöne sind hier die beste Wahl. Foto: dpa/Laura Ludwig

29.10.2022

Wohnen: Viele haben zu Hause weiße Wände. Dabei wünschen sich Augen und Gemüt oft etwas anderes. Wer sich gut fühlen will, braucht Farbe - in jeder Altersphase eine andere.

Je nach Alter, Charakter und emotionaler Verbindung ändern sich unsere Farbvorlieben im Leben. Denn Babys nehmen Farben anders wahr als Erwachsene. Und 50-Jährige anders als 80-Jährige. Warum das so ist und was sich daraus für die Gestaltung von Innenräumen ergibt: Die Antworten geben zwei Experten, die sich täglich mit der Wirkung von Farbe beschäftigen.

Nach dem Unterschied zwischen hell und dunkel ist Rot die erste Farbe, die Babys wahrnehmen können. Die roten Farbsehzellen sind im Zentrum der Netzhaut angesiedelt. „Genau da, wo die schärfste Stelle unseres Sehens ist", sagt Axel Buether, Farbforscher und Professor an der Bergischen Universität Wuppertal.

Beruhigender Effekt

Was nicht bedeutet, dass das Babyzimmer leuchtend rote Wände braucht. ,,Rot zieht zwar magisch an, versetzt uns aber auch in einen Erregungs- und Aktivierungszustand", so Prof. Buether. Besser sei ein warmes Rot-violett, damit sich die Kleinen geborgen fühlen.

,,Naturnahe Grüntöne haben ebenfalls einen beruhigenden Effekt", sagt der Kinder-Psychologe Jan-David Freund, der sich beim Spielwarenhersteller Haba mit psychologischen und pädagogischen Aspekten zur Produktentwicklung beschäftigt. Er empfiehlt etwa, ein solches Grün gezielt rund um den Wickeltisch oder die Schlafsituation zu nutzen.

Zwar mögen Kinder besonders intensive Farben, aber man sollte große Wandflächen damit meiden.
Zwar mögen Kinder besonders intensive Farben, aber man sollte große Wandflächen damit meiden.

Auch Lichtquellen und Schwarz-Weiß-Muster sind interessant für Babys. ,,Allerdings sollten die Übergänge weich gehalten werden", rät Jan-David Freund. Denn gerade die Neugeborenen können Farben noch nicht selektiv wahrnehmen. Sie seien also den Reizen von Wandfarben, Vorhängen und Teppichen voll ausgesetzt.

Kinder wachsen in die Farbkultur ihrer Eltern hinein. Die ist zum einen durch die Wohnräume zu Hause geprägt, zum anderen von all den fröhlichen Farben, die der Kindheit zugeschrieben werden. ,,Sie vermitteln Vitalität, Lebensfreude und Individualität", sagt Buether.

Hinzu kommt, dass Kinder die Farben in einem Kontext erleben und zu deuten beginnen. ,,Angst machen ihnen häufig dunkle Farben wie Schwarz und dunkles Grau", sagt Farbforscher Buether. Daher sollte man die Spielumgebung und das Kinderzimmer mit hellen Farbtönen gestalten.

Zwar mögen Kinder intensive Farben. Allerdings kann zum Beispiel ein starkes Grün auch hyperaktiv machen. Daher empfiehlt Axel Buether, die Sättigung des Farbtons zu mildern, je größer die Wandfläche ist, die damit gestrichen wird. Eine Lösung sind auch Pastelltöne. Gestaltungsexperte Freund findet einen Anstrich des Kinderzimmers in einem hellen Naturton gut. ,,Kinder bringen mit ihren Kunstwerken von sich aus schon viel Farbe ins Zimmer."

Spätestens im Erwachsenen-Alter haben sich die Farbvorlieben gefestigt. „Frauen tendieren häufig zu warmen, Männer zu kühlen Farbtönen", sagt Prof. Alex Buether. Doch die Vorlieben passen nicht immer zur optimalen Raumgestaltung, zu der Experten raten. Hier kommt es auf das Temperament des Bewohners an.

Ruhigeren, eher introvertierten Menschen rät Alex Buether, eine Wand mit aufhellenden, reinen Farben zu streichen. Weiß sei keine Lösung, es gebe keinen Halt im Raum. Häufig gestresste, unruhige oder extrovertierte Charaktere fühlen sich wohler, wenn die Wandfarben nicht besonders satt sind. Solchen Menschen empfiehlt Buether Erd- und Sandtöne sowie ein Salbei-Grün. Es hat einen Grauanteil, weshalb es blasser wirkt als andere Grüntöne.

Deutliche Farbkontraste

Im hohen Alter nehmen die Augen vieler Menschen nicht mehr das volle Farbspektrum wahr. Die Linse färbt sich gelb, wodurch Farben viel matter erscheinen. ,,Es entsteht eine Filterung des Blauanteils und eine erhebliche Reduktion der Lichtstärke", sagt Alex Buether.

Insbesondere Blau, Blaugrün oder Violett lassen sich mit der Zeit immer weniger unterscheiden. Besser sind Türkis- und Grüntöne in Kombination mit abgetöntem Weiß, sie wirken auch im Alter aktivierend. Zudem helfen deutliche Farbkontraste bei der Orientierung. Die im Alter oft gewählten ,,Seniorenfarben" wie Beige und Grau sind aus farbpsychologischer Sicht nicht zu empfehlen. Evelyn Steinbach, dpa