Jung und Alt unter einem Dach: Mit diesem Wohnmodell hat sich Stefan Thomas, Professor für Empirische Sozialforschung und Soziale Arbeit an der Fachhochschule Potsdam, beschäftigt. Von 2016 bis 2019 hat er ein Forschungsprojekt zum Mehrgenerationenwohnen geleitet.
Herr Thomas, ist Mehrgenerationenwohnen ein neues Phänomen?
Stefan Thomas: Gemeinschaftliche Wohnformen haben sich schon in den 1970er-Jahren verbreitet, etwa in Form von WGs. Damals wurden Lebensformen aufgesprengt, auch die bürgerliche Familie in dem Zwei-Generationen-Setting Eltern/Kinder. Ab den 1980er-Jahren sind vermehrt solche Projekte initiiert worden.
Warum entscheiden sich Menschen für dieses Wohnmodell?
Bei den Projekten, die wir uns angesehen haben, war die Gemeinschaft entscheidend: gemeinsam das Leben gestalten, sich begegnen und von den Erfahrungen der anderen profitieren. Ganz wichtig sind deswegen Räume im Haus, die gemeinschaftlich gestaltet und bespielt werden.
Welche Schwierigkeiten können sich ergeben?
Es gibt sehr viel Kommunikationsbedarf. Gleichzeitig ist das Verhandeln der Themen zeitintensiv. Die mittlere Generation geht arbeiten, hat Kinder. Es kann sie überfordern, wenn die Älteren mehr Zeit haben. Es ist ganz wichtig, dass alle Bedürfnisse gesehen werden. Jedes Projekt muss eine eigene Kultur und eigene Lösungen entwickeln.
Sprechen wir von einem Modell der Zukunft?
Projekte im Bereich Mehrgenerationenwohnen sind auf jeden Fall Experimentierräume. Es geht um eine selbstbestimmte Gestaltung von Wohnen und Wohnumfeld - und damit um etwas ganz Elementares für uns. Julia Horn