Sonderveröffentlichung

Der neue Wohnsinn Wohngemeinschaft Schloss Tempelhof in Kreßberg: Zusammen und privat

Gemeinschaft: In Schloss Tempelhof ist man Vorreiter im Ausprobieren neuer Wohnformen. Dabei steht vor allem der soziale Aspekt im Mittelpunkt.

Wer will schon wohnen wie alle? Links ist das aus recycelten Materialien gebaute Earthship im Tempelfeld zu sehen, in dem sich die Gemeinschaftsräume für die etwa 20 Bewohnerinnen und Bewohner in ihren Jurten und Bauwagen befinden. Fotos: Ralf Snurawa

20.10.2022

Nach zwölf Jahren Gemeinschaftsleben hätten die ,,Tempelhofer" eine gute Differenzierung von eigenen Rückzugs- und Gemeinschaftsräumen mit Größen zwischen fünf und 20 Personen hinbekommen, meint der Tempelhofer Siedlungsplaner Jonas Doerfler. Jetzt spricht er über das neueste Projekt der Genossenschaft: ein Gemeinschaftshaus in Form eines Oktogons (Achteck).

Ja, im Erdgeschoss ist da der große Gemeinschaftsraum mit Küche untergebracht sowie einige Apartments. Die finden sich auch in den beiden Stockwerken darüber, dort aber zumeist mit Gemeinschaftsbädern und -toiletten. Im zweiten Obergeschoss gibt es als Besonderheit noch einen nach außen - Richtung Westen - offenen Raum, eine Art ,,Sommerzimmer" für solche, die in der warmen Jahreszeit im Freien übernachten möchten, so Doerfler.

Auch der Kern des Hauses mit den Treppen sei offen und ist wie das Äußere ebenfalls achteckig. Jeder Bewohnerin und jedem Bewohner sollten nicht mehr als 36 Quadratmeter zustehen, betont er noch. Das seien zwölf Quadratmeter weniger als der deutsche Durchschnitt. Für den privaten Bereich bedeutet dies: Räume zwischen 26 und 27 Quadratmeter.

Genau dieses hat sich die Kerngruppe, die sich vor zweieinhalb Jahren für den Bau des Gebäudes gefunden hat, vorgenommen. Und genau das ist ihre Antwort, die zusammen mit dem Architekten Bernd Pulling ,,im Raum" steht: welche Größe für den Einzelnen heute beim Wohnungsbau als angemessen betrachtet werden kann. Daneben gibt es unterschiedliche Wohnstandards in diesem ,,Wohnturm" und entsprechend unterschiedlich hohe Mieten.

„Es gibt Wohnstandards und unterschiedlich hohe Mieten.“
Jonas Doerfler, Siedlungsplaner

,,Zusammen zahlt die Hausgemeinschaft 3400 Euro monatlich an die Genossenschaft. Wie die Mieten aufgeteilt werden, ist dann den Mieterinnen und Mietern überlassen. ,,Natürlich spielt der soziale Aspekt auch eine Rolle", sagt Doerfler. In welche Himmelsrichtung die oder der Einzelne seine Wohnung ausgerichtet haben möchte, hänge von persönlichen Vorlieben ab. Der einen könne es nicht warm genug sein, weshalb sie ein Zimmer mit Fenster Richtung Süden bevorzuge; der andere bevorzuge weniger Helligkeit und entscheide sich dann für ein Fenster Richtung Norden. Wieder andere hätten ein Faible für etwa den Sonnenaufgang und eine entsprechende Ost-Ausrichtung.

Jonas Doerfler ist seit zwölf Jahren für die Siedlungsplanung auf Schloss Tempelhof zuständig.
Jonas Doerfler ist seit zwölf Jahren für die Siedlungsplanung auf Schloss Tempelhof zuständig.

In ökologischer Hinsicht entspricht das Oktogon einem KfW-Effizienzhaus 40. ,,Dafür konnten wir noch Fördergelder beantragen", unterstreicht Jonas Doerfler und fährt fort: ,,Das Holzgebäude wird außerdem mit einer regionalen Baufirma und mit Douglasien aus der Region gebaut. So bringen wir Ökonomisches, Ökologisches, Soziales und - mit Blick auf das Aussehen - auch Baukultur zusammen."

Der sogenannte Wohnturm ist der erste Bauabschnitt eines Baugebiets, für das bereits 2017 ein Bebauungsplan aufgestellt wurde. Die Fläche bietet Platz für etwa 60 weitere Bewohnerinnen und Bewohner. Daneben werden aber weiterhin Wohnungen im Altbestand saniert, betont Doerfler.

Dabei baut das Oktogon auf den Erfahrungen des direkt daneben liegenden Earthships auf (unsere Zeitung berichtete): Was für Ideen sind da eingeflossen? Was hat sich bewährt? Was braucht der Mensch wirklich, um gut zusammenleben zu können? Das sei abhängig von Grundbedürfnissen, erklärt Doerfler.

Beim Tempelfeld, mit dem aus recycelten Materialien wie alten Reifen oder Flaschen und Lehm hergestellten Earthship als Mittelpunkt, mit den Gemeinschaftsräumen von Küche bis zu Bädern sowie einer Art Gewächshaus mit Wärmegewinnung davor, wären Familien im Zentrum der Überlegungen gestanden. Deshalb sei es stärker aufs Freie, mit dem Garten auch als eine Art Abenteuerspielplatz für die Kinder, ausgerichtet. Fakt: Zwölf Erwachsene leben hier und 15 Kinder.

Der Innenraum für den Einzelnen, gleich ob Bauwagen oder Jurte, mit maximal 15 Quadratmetern sei deshalb auch kleiner als im ,,Wohnturm“. Hier ist der Energieverbrauch geringer. Und er ist auf das Zusammenleben von alleinstehenden Personen ausgerichtet.

Daneben gibt es noch den Schwerpunkt der Tiny Houses in Tempelhof. Und: Man wolle zudem künftig eine Ausbildung für Handwerker für das experimentelle Bauen anbieten. In der neuen Werkhalle werden auch schon Tiny Houses gefertigt - die nicht für den Ort gedacht sind. Ralf Snurawa

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