Man kann es mittlerweile verstehen, dass die Favoritenrolle in der GFL Süd ohne großes Überlegen den Schwäbisch Hall Unicorns zugesprochen wird. Allein die Statistik spricht eine deutliche Sprache, gewannen die Haller Footballer doch die vergangenen 13 Süd-Meisterschaften. In dieser Zeit hat es immer wieder starke Teams gegeben, die die Unicorns-Herrschaft brechen wollten, gelungen ist es aber weder den Marburg Mercenaries, noch Frankfurt Universe oder zuletzt den Allgäu Comets, auch wenn es in den vergangenen Jahren wieder deutlich enger zuging.

Und so sind die Schwäbisch Hall Unicorns natürlich auch in der Saison 2025 der Favorit auf die Meisterschaft im Süden. Sechs Teams wollen das verhindern. Nur sechs, weil die eigentlich vorgesehene siebte Mannschaft, die Kirchdorf Wildcats, Anfang März ihren Rückzug verkündeten.
Diese Nachricht kam spät, sehr spät. Der GFL-Spielplan war schon erstellt. Eigentlich wären die Wildcats am 3. Mai der Auftaktgegner der Unicorns gewesen. Gleich mit dem ersten Spiel hätten die Haller die anstrengende, weil langwierige Fahrt nach Kirchdorf am Inn an der Grenze zu Österreich abgehakt. Doch aufgrund des Rückzugs musste wie schon in der Vorsaison – damals zogen sich die Ingolstadt Dukes zurück – der Computer ein zweites Mal den Spielplan berechnen, mit dem Resultat, dass die Unicorns nun mit einem Heimspiel gegen die Munich Cowboys in die GFL-Saison 2025 starten werden.
Aufgrund der vielen Rückzüge in den vergangenen Jahren – im Norden waren es zuletzt die Berlin Adler – hat der GFL Ligaverbund eine Verkleinerung der GFL beschlossen. Spätestens 2028 werden nur noch 12 statt 16 Teams in er höchsten deutschen Spielklasse spielen.
Das ist allerdings Zukunftsmusik. Halls Head Coach Felix Brenner muss sich 2025 mit Teams auseinandersetzen, die nicht mehr in Ehrfurcht vor den Unicorns erstarren. Er schätzt die GFL weiterhin als eine „sehr wettkampfstarke Liga“ ein, „die auch genügend gute Spieler hat“. Das gilt auch für die Kontrahenten im Süden.
• Saarland Hurricanes
Man kann nicht behaupten, dass die vergangene Saison eine gute für die Hurricanes war. Jakob Lawrence war vom Posten des Offensive Coordinators zum Head Coach aufgestiegen und brachte es in seiner ersten Saison auf eine Bilanz von drei Siegen und neun Niederlagen. Das bedeutete in der Abschlusstabelle der GFL Süd 2024 den vorletzten Rang. Lawrence durfte bleiben und hat sein Team mindestens auf einigen Positionen neu aufgestellt. Mit Jakob Parks setzen die Saarländer auf einen US-Quarterback, der seit 2022 in Deutschland spielt, zunächst bei den New Yorker Lions in Braunschweig, dann bei den Bad Homburg Sentinels. Nun soll Jakob Parks mithelfen, dass der Umbruch gelingt. „Parks soll nicht nur die Offensive dirigieren, sondern auch eine prägende Figur im Locker Room werden. Seine Kombination aus Spielintelligenz, Athletik und Leadership macht ihn zu einem idealen Baustein im Konzept der Hurricanes“, heißt es in einer Mitteilung der Saarländer.
Die Heimspiele der Hurricanes finden auch 2024 in Völklingen statt, bekannt vor allem durch das Unesco-Weltkulturerbe Völklinger Hütte. Bei der Namensgebung haben die Gründer der Hurricanes – diese entstanden 1996 aus einer Fusion der Dillingen Steelhawks und der Saarbrücken Wölfe – Weitblick bewiesen und das Team „Saarland“ genannt. Allein in den vergangenen sechs Jahren spielten die Hurricanes in Neunkirchen, Saarbrücken und Völklingen.
• Munich Cowboys
Die Cowboys sind einer der ältesten Footballvereine Deutschlands. Das vergangene Jahr war kein leichtes für die Münchner. Unter dem damals neuen Head Coach Christos Lambropoulos beendeten die Cowboys die Saison auf Rang 5 und verpassten damit die Playoffs.
„Ich glaube, dass die Cowboys in dieser Saison besser dastehen werden als in der vergangenen“, meint Unicorns-Head-Coach Felix Brenner. Zwar hat es bei den Münchnern einen Umbruch gegeben, aber dennoch gibt es auf mehreren Positionen Kontinuität. Nicht nur ist Head Coach Christos Lambropoulos geblieben, auch Receiver Gabriel Boccella ist weiterhin dabei. Er war der Topscorer der Cowboys in der vergangenen Saison. Mit Zachary Whitehead setzen die Cowboys auf einen US-Quarterback, der die GFL bereits kennt. Im vergangenen Jahr führte er die Offense der Paderborn Dolphins an.
Die Münchner wollen insgesamt betrachtet nicht immer auf Importspieler setzen, sondern dem eigenen Nachwuchs und jungen Kräften eine Chance geben. Der Kader sei tiefer besetzt, ist man bei den Cowboys überzeugt. Das Ziel ist das Erreichen eines Playoff-Platzes. Die Euphorie vor Saisonbeginn – in einem Test schlug man die Biberach Beavers aus der GFL2 mit 56:0 – hat allerdings beim Saisonauftakt einen Dämpfer erlitten. Mit auslaufender Uhr verloren die Cowboys 27:28 gegen die Saarland Hurricanes. Die Niederlage tut deshalb besonders weh, da die Cowboys nur dieses eine Duell mit den Hurricanes hatten. Wären die Teams am Saisonende punktgleich, würde der direkte Vergleich für die Saarländer sprechen.
• Ravensburg Razorbacks
Die verwilderten Wildschweine (engl. Razorbacks) waren die positive Überraschung der vergangenen GFL-Süd-Saison. 2023 noch verzichteten sie auf die Abstiegsrelegation, doch wegen des Rückzugs der Marburg Mercenaries wurde wieder ein Platz in der GFL Süd frei. Letztlich nahmen die Ravensburg Razorbacks dieses Angebot an und legten eine sportlich gute Saison mit sieben Siegen und fünf Niederlagen hin. Das bedeutete Rang 2 im Süden hinter den Unicorns. Im Viertelfinale kam wie für alle anderen Teams aus dem Süden auch für Ravensburg das Aus: 14:45 gegen die New Yorker Lions Braunschweig.
Head Coach John Gilligan ist weiterhin an Bord. Mit dessen US-amerikanischen Landsmann Broghean McGovern ist auch der Quarterback geblieben. McGovern gilt als flexibler Spielmacher, der sowohl gut werfen, als auch selbst laufen kann. Felix Brenner erinnert sich an die Razorbacks als „sehr unangenehme Gegner“. Im vergangenen Jahr trafen die Unicorns nur einmal auf die Ravensburger, setzten sich knapp mit 31:28 durch. In dieser Saison wird es zwei Duelle geben, das erste ist für den 24. Mai in Schwäbisch Hall terminiert.
Die Razorbacks verloren bei ihrem Saisonauftakt mit 24:31 bei den Straubing Spiders, und damit den direkten Vergleich, da es dieses Duell nur einmal gibt.
• Straubing Spiders
Eigentlich hätten die Spinnen mit der abgelaufenen Saison sehr zufrieden sein können: Der dritte Platz im Süden war aller Ehren wert, schließlich gelangen 2023 lediglich drei Siege. Doch der sportliche Erfolg brachte intern nicht so richtig Ruhe. Head Coach Fabian Vulic ging nach dem Viertelfinal-Aus bei den Dresden Monarchs (6:35), nahezu der gesamte Trainerstab wurde ausgetauscht.
Mit dem 33-jährigen US-Amerikaner Cody Kent haben die Spiders den Nachfolger Vulics gefunden. Kent kommt von den Graz Giants, war dort zwei Jahre lang Offensive Coordinator. In Straubing ist er erstmals als Head Coach tätig. Unerfahren aber ist Cody Kent nicht, schließlich coacht er seit zehn Jahren. Vor seiner Station in Österreich war Cody Kent als Offensive Coordinator zwei Jahre lang in der Schweiz. Der Schritt zu den Spiders fühle sich „richtig“ an, so der US-Amerikaner.
Die Spiders sind auf ihre Art im Süden einzigartig, schließlich sind sie in der GFL Süd das einzige Team, das auf einen deutschen Quarterback setzt. Luis Wittmann war schon in der vergangenen Saison bei den Spiders, teilte sich den Posten mit einem anderen Deutschen, Tobias Kanther.
In der Spielzeit 2025 allerdings ist Wittmann als Quarterback Nummer 1 gesetzt, Kanther wird auf anderen Positionen eingesetzt. In der GFL Nord setzen die Paderborn Dolphins ebenfalls auf einen deutschen Quarterback, alle anderen Teams der höchsten deutschen Spielklasse gehen mit einem US-Amerikaner auf der Spielmacherposition in die Saison.
Nach dem Auftaktsieg über Ravensburg ist auch das Selbstvertrauen gewachsen. Die Spiders wollen in die Playoffs, und nicht nur das: Sie träumen von einem Heimspiel im Viertelfinale. Um das zu erreichen, müssen sie in der GFL Süd Erster oder Zweiter werden.
• Allgäu Comets
“Ein Top Team.“ Felix Brenner muss nicht lange nachdenken, was er zu den Comets sagen soll. Die Kemptener haben sich in den vergangenen Jahren zu einem der schärfsten Widersacher der Unicorns gemausert, selbst wenn die Saison 2024 nicht wirklich wunschgemäß verlief. Die Duelle mit den Unicorns allerdings sind in guter Erinnerung. Beim Saisonauftakt gab es eine wahre Punkteschlacht, die Hall mit 58:57 für sich entschied. Im Rückspiel aber gewannen die Comets mit 26:7.
Head Coach Elias Gniffke ist genau wie Felix Brenner auch Offensive Coordinator (OC) in Personalunion, zudem auch als OC der Nationalmannschaft tätig. Er gilt als gewiefter Taktiker.
Auf der Quarterback-Position gibt es mit Conor Regan einen US-Amerikaner, der erstmals in der GFL agiert. In den vergangenen beiden Jahren war er in der GFL2 bei den Münster Blackhawks und den Rostock Griffins. Nun soll er dafür sorgen, dass die Comets wieder im oberen Bereich der GFL Süd zu finden sein werden.
Gerne hätten die Comets vor Saisonstart ein Testspiel bestritten, doch fingen sie sich lediglich Absagen ein. So war der Auftakt holprig: Beim Aufsteiger Pforzheim Wilddogs kassierten die Comets eine 20:34-Niederlage. Es ist also noch einiges zu tun, um das runderneuerte Team in die Erfolgsspur zu bringen. Nicht nur auf der Quarterback-Position gibt es einen Neuen, auch Wide Receiver Geoff Green trägt erstmals das Comets-Trikot. Er kommt ebenso aus der GFL2, spielte zuletzt bei den Solingen Paladins.
• Pforzheim Wilddogs
Erstmals überhaupt spielen die Wilddogs in der ersten Liga. In einem dramatischen Saisonfinale schlugen sie Montabaur und machten damit den Aufstieg perfekt. Als wäre das auch nicht genug, überraschten sie zum Saisonstart die Allgäu Comets, gewannen mit 34:20 und verzückten ihre rund 1000 Fans.
Die Wilddogs wollen augenscheinlich ihre Chance nutzen und sich in der GFL etablieren. Entscheidend für den Aufstieg waren vor allem Quarterback Rayna Stewart und Wide Receiver Alec Tatum. Während Stewart nicht mehr da ist und die Wilddogs für diesen den Ex-Quarterback der Regensburg Phoenix, Dre Harris, verpflichteten, ist Tatum weiter in den Diensten Pforzheims.
Als Neuling hat man nichts zu verlieren und so zeigten die Wilddogs zu Beginn des Spiels gegen die Comets einen Dreifach-Trickspielzug, der mit einem Touchdown gekrönt wurde. Die kommenden Gegner dürften spätestens jetzt gewarnt sein, dass die Wilddogs kein Leichtgewicht sind.
Die Schwäbisch Hall Unicorns treffen einmal während der regulären Saison auf die Pforzheimer. Diese Begegnung ist eine besondere, schließlich findet sie nicht im Optima-Sportpark statt. Das Heimspiel der Unicorns wird nach Aalen in die Centus-Arena verlegt, der Heimat des ehemaligen Fußball-Zweitligisten VfR Aalen. Dort wird am Samstag, 14. Juni, der „Pink Bowl“ gespielt. Gemeinsam mit Pink Ribbon Deutschland rufen die Schwäbisch Hall Unicorns beim Punktspiel gegen die Pforzheim Wilddogs zu mehr Aufmerksamkeit für die Brustkrebsfrüherkennung auf. Hartmut Ruffer
