Sonderveröffentlichung

MUSWIESE 2022 Hohenloher Jahrmarkts Gedichte im Original: Muswies, ja du bist’s!

08.10.2022

Wie lang dauerte der Winter! Wie unwirtlich war es, im Corona-Sturm zu stehen! Wie sehr zitterten wir vor Einsamkeit und wünschten uns tausendfach hinein in die Wärme der Bauernwirtschaften! Alle Bachläufe des fröhlichen Beisammenseins, die normalerweise durch unsere Leben fließen, schienen ewig festgefroren. Doch jetzt: Endlich wieder Muswiese, endlich Frühlingsgefühle im Herbst! Alles atmet Neubeginn. Da darf man mal poetisch werden, gell? Wie große Dichterinnen und Dichter einst den Lenz besangen, so besingen wirr also den schönsten Hohenloher Jahrmarkt der Welt. Zuerst lesen Sie immer das Original, darunter dann die Muswiesen-Version.

Wie soll mein Herz den Frühling überstehn,
wenn sonnentrunken wieder rings auf Erden
die Knospe schwillt in ahnungsvollem Werden
und tausend Wünsche durch die Täler gehn ...
Wie soll mein Herz den Frühling überstehn!

Und wieder wird's von Tal zu Tale wehn,
dieselbe liebeselge Frühlingsfeier,
dann stehn die Birken keusch im Hochzeitsschleier,
und durch die Nächte wird ein Flüstern gehn -
Wie soll mein Herz den Frühling überstehn!
(Auszug aus ,,Frühling", Ilse von Stach)


Wie soll mein Herz die Muswies überstehn,
wenn regentrunken wieder rings die Erde
zu Matsch, der Reifen schlucket, werde
und tausend Gribbl durch die Gassen gehn...
Wie soll mein Herz die Muswies überstehn!

Und wieder wird's von Joogscht zu Brettach wehn,
dieselbe liebselge Jahrmarktsfeier,
dann stehn die Leut vergnügt im Nebelschleier,
und durch die Nächte wird ein Singen gehn -
Wie soll mein Herz die Muswies überstehn!


Es steht ein Berg in Feuer, / In feurigem
Morgenbrand,/ Und auf des Berges Spitze/
Ein Tannbaum überm Land.

Und auf dem höchsten Wipfel/Steh ich und schau
vom Baum,/O Welt, du schöne Welt, du, /
Man sieht dich vor Blüten kaum!
(„Frühlingsgruß“, Joseph von Eichendorff)

Es steht ein Dorf in Feuer, / In feurigem
Mandelbrand,/Und an der Reithallenspitze /
Ein Riesenrad überm Land.

Und in der höchsten Gondel/Sitz ich und schau
vom Rad, /0 Muswies, meine Perle,/
Dich lieb ich in der Tat!

Und dräut der Winter noch sosehr/ Mit trotzigen
Gebärden,/ Und streut er Eis und Schnee umher,/
Es muss doch Frühling werden. 

Und drängen die Nebel noch so dicht/ Sich vor den
Blick der Sonne,/ Sie wecket doch mit ihrem Licht
/ Einmal die Welt zur Wonne. 

Blast nur, ihr Stürme, blast mit Macht,/ Mir soll
darob nicht bangen,/ Auf leisen Sohlem Licht
Nacht/ Kommt doch der Lenzgegangen. 

Da wacht die Erdegrünend auf,/ Weiß nicht
wie ihrgeschehen,/ Und lacht in den sonnigen
Himmel hinauf/ Und möchte vor Lustvergehen. 

Sie flicht sich blühende Kränze ins Haar/
Und schmückt sich mit Rosen und Ähren /
Und lässt die Brünnlein rieseln klar,/ Als wären
es Freudenzähren. 

Drum still! Und wie es frieren mag,/ O Herz, gib
dich zufrieden;/ Es ist ein großer Maientag/
Der ganzen Welt beschieden. 

Und wenn dir oft auch bangt und graut, /Als sei
die Höll‘ auf Erden,/ Nur unverzagt auf Gott
vertraut! / Es muss doch Frühling werden.
(„Hoffnung“, Emanuel Geibel) 

Und dräut ein Virus noch sosehr/ Mit trotzigen
Gebärden,/ Und streut es Reizhusten umher,/
Es muss doch Muswies werden. 

Und drängen die Sorgen noch so dicht/ Sich vor die
Waffeltüten / Die duften doch im Jahrmarktslicht/
Als seien’s Blumenblüten. 

Blast nur, ihr Stürme, blast mit Macht,/ Mir soll
darob nicht bangen,/ Auf leisen Sohlen über Nacht
/ Kommt doch das Festgegangen. 

Da wacht die Metzgertänz‘rin auf,/
Weiß nicht, wie ihrgeschehen,/ Und lacht zum
Riesenrad hinauf/ Und möchte vor Lustvergehen. 

Sie flicht sich blühende Kränze ins Haar/ Und
schmückt sich mit Dirndl und Schürze/ Und lässt
die Fässlein rieseln klar,/ Genießt die
Schlachtplattenwürze. 

Drumstill! Und wie es frieren mag,/ O Herz, gib
dich zufrieden;/ Es sind fünf große Jahrmarktstag‘/
Der ganzen Welt beschieden. 

Und wenn dir oft auch bangt und graut,/ Als sei
die Höll‘ auf Erden,/ Nur unverzagt auf Gott
vertraut!/ Es muss doch Muswies werden.

Willkommen schöner Jüngling!/Du Wonne
der Natur!/Mit deinem Blumenkörbchen /
Willkommen auf der Flur!

Ei! ei! da bist ja wieder!/Und bist so lieb und
schön!/Und freun wir uns so herzlich, /
Entgegen dir zu gehn.

Denkst auch noch an mein Mädchen? /
Ei, Lieber, denke doch!/Dort liebte mich das
Mädchen, / Und s Mädchen liebt mich noch!

Fürs Mädchen manches Blümchen/Erbettelt' ich
von dir - /Ich komm und bettle wieder, / Und du?
- du gibst es mir?

Willkommen schöner Jüngling!/Du Wonne der
Natur!/Mit deinem Blumenkörbchen /
Willkommen auf der Flur!
(„An den Frühling", Friedrich Schiller)

Willkommen holde Muswies!/Du Wonne der
Kultur!/Mit Socken, Tees, Gewürzen /
Willkommen auf der Flur!

Sou! Sou! Doa bischt ja widder!/Und bist so lieb
und schön!/Und freun wir uns so herzlich, /
Entgegen dir zu gehn.

Schälst du mir auch Ebieren?/Ou, Liebste, schäle
doch!/Ich will sie bald probieren, /kann's kaum
erwarten noch!

Beim Schmetzer manches Bierchen/Erbettelt' ich
von dir -/ Ich komm und bettle wieder, / Und du -
du gibst es mir?

Willkommen holde Muswies!/Du Wonne der
Kultur!/Mit Socken, Tees, Gewürzen /
Willkommen auf der Flur!


Das Beet, schon lockert/Sich's in die Höh', /Da
wanken Glöckchen/So weiss wie Schnee; / Safran
entfaltet / Gewalt ge Glut, /Smaragden keimt es /
Und keimt wie Blut. /Primeln stolzieren / So naseweis,
/Schalkhafte Veilchen, / Versteckt mit Fleiß; /
Was auch noch alles/Da regt und webt,/
Genug, der Frühling, /Er wirkt und lebt.

(Auszug aus ,,Frühling übers Jahr" Johann Wolfgang von Goethe)

Das Kraut, schon dampft es / In die Höh', /
Da wanken Gribbl, / da rennt ein Reh;/ Bierle
entfalten/ Gewalt'ge Glut,/Frohsinn keimt. / Aus
dem Naturdarm quillt Blut. /Maadli stolzieren/
So naseweis, / Gemusterte Schürzen, /umschmeicheln
den Steiß;/ Was auch noch alles/Da regt/
und webt, /Genug, die Muswies,/
Sie wirkt und lebt.

Ein Blumenglöckchen/Vom Boden hervor / War
früh gesprosset/In lieblichem Flor;/Da kam ein
Bienchen/Und naschte fein:/Die müssen wohl
beide / Füreinander sein. 
(„Gleich und Gleich", Johann Wolfgang von Goethe)

Ein Asbachgläschen/Aus dem Schlebach heraus /
War früh geschenket/Dem durstigen Klaus; /
Da kam Sabine/Und nippte fein: /Die müssen
wohl beide Füreinander sein.


Frühling läßt sein blaues Band / Wieder flattern
durch die Lüfte;/Süße, wohlbekannte Düfte /
Streifen ahnungsvoll das Land. / Veilchen träumen
schon,/ Wollen balde kommen. /Horch, von fern
ein leiser Harfenton! / Frühling, ja du bist's!
Dich hab' ich vernommen!
(„Er ist's“, Eduard Mörike)

Muswies lässt an jedem Stand / Wünsche flattern
durch die Lüfte;/Süße, wohlbekannte Düfte /
Streifen ahnungsvoll das Land./Kinder betteln
schon, / Wollen was bekommen./Bua, der Plastikbulldog
sei dein Lohn!/Johnny, ja du bist's!/
Papa: ausgenommen.

Sebastian Unbehauen