Und ob die von Pappe sind!
Sonderveröffentlichung

Nachhaltig Und ob die von Pappe sind!

Sie sind ein Nischenprodukt, aber keines, das sich auch in einer Nische verstecken müsste: Möbel aus Pappe. Sie haben sich vom Provisorium zum vollwertigen Einrichtungsprodukt gemausert. Doch was können die Pappkameraden?

Sogar ein Bett aus Wellpappe ist möglich: Das Material ist stabiler, als man denkt. Hier ein Beispiel von „Room In A Box“. Foto: Chris Abatzis/Room In A Box/dpa-mag

24.01.2022

„Pappmöbel haben vor allem jüngere Fans“, sagt die Einrichtungsexpertin Gabriela Kaiser. Denn während ältere Menschen häufig mehr Wert auf Polster und Komfort legen, hat bei der jungen Zielgruppe die Flexibilität Priorität. Besonders wenn man noch Umzüge vor sich habe, profitiere man von dem schnellen Auf- und Abbau sowie dem leichten Transport, so Kaiser. Doch es gebe da auch noch eine weitere, gerade stark wachsende Zielgruppe – die umweltbewusst ist und den Fokus auf Nachhaltigkeit legt, sagt Ursula Geismann von der Initiative Furnier + Natur. In Kombination mit dem minimalistischen Design träfen Pappmöbel damit den Zeitgeist. Auch der Trendforscher Frank A. Reinhardt sieht das so. Zwar sagt er: „Ich verbinde Pappkartons vor allem mit Umzug und Stress.“ Doch wenn diese Assoziation durch ein „pfiffiges, individuelles Design“ aufgelöst werde, können Pappmöbel „ein Statement für eine mobile und nachhaltige Gesellschaft“ sein.

Sechs bis zehn Jahre Lebensdauer

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Auf den ersten Blick nicht erkannt: Das Regal von Papercom besteht aus Pappe. Foto: Martin Scherag/Papercomb/dpa-mag

„Wellpappenkonstruktionen sind sehr stabil“, sagt die Möbelexpertin Ursula Geismann. Ein klassisches Bett ist für 150 bis 200 Kilogramm ausgelegt. Fliehkraft-Tests haben Geismann zufolge gezeigt: Selbst wenn man sich mit Schwung auf ein Pappbett schmeißen würde, die meisten halten bis zu 1000 Kilogramm aus. Je nach Qualität haben Pappmöbel eine Lebensdauer zwischen sechs und zehn Jahren. „Natürlich kommt es darauf an, wie man damit umgeht und ob beispielsweise ein Haustier die Möbel anknabbert“, so Geismann. Die Leichtbautechnik versteckt sich auch in manchen Möbeln, die nicht nach Pappe aussehen, sagt Design-Journalist Frank A. Reinhardt. Denn um Gewicht zu sparen, bestehen Platten von Schreibtischen und Schranktüren in ihrem Inneren aus Pappe. Das erleichtert nicht nur den Transport, sondern spart dabei Transportenergie, was wiederum zu einer besseren ökologischen Bilanz beiträgt. Außerdem lassen sich Pappmöbel dank durchdachtem Design sowie Falt- und Stanztechnik meist ohne Schrauben und Kleber zusammenbauen – auch das ist nachhaltig.

Je nach Hersteller werden Pappmöbel zudem aus 75 bis 95 Prozent Recyclingpapier hergestellt. Haben die Möbel dann doch einmal ausgedient, können sie oft im Altpapier entsorgt und somit in den Kreislauf zurückgeführt werden. „Eine fachgerechte Entsorgung ist für den Nachhaltigkeitsaspekt entscheidend“, betont Reinhardt. Ob es die Pappmöbel von der Nische auch in den Mainstream schaffen, bleibt trotz der trendigen Kaufargumente aber fragwürdig. Viele Menschen werden weiterhin Holzmöbel bevorzugen, erwartet die Trendanalystin Kaiser. Gleichzeitig ist sie überzeugt: „Die Zielgruppe für Pappmöbel wird weiter wachsen.“ Denn umweltbewusste Materialien werden immer wichtiger und Pappe sei „deutlich nachhaltiger als Pressspan“. dpa/ka