Göppingen: „Wir brauchen keinen Wahlkampf im Heizungskeller“
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Im Gespräch mit Obermeister Rainer Häfele: Die SHK-Innung und der Fachverband Baden-Württemberg fordern von der Politik einen „Energiefrieden“. Die Branche hat jedoch noch weitere Wünsche.

Die Fachbetriebe des SHK-Handwerk beraten individuell. Foto: stock.adobe.com/sms

30.12.2025

Im nächsten Jahr wird in Baden-Württemberg ein neuer Landtag gewählt. Im Wahlkampf wird auch der Energiewandel erneut im Fokus stehen. Doch das ist nur eines von mehreren Themen, die sowohl die SHK-Betriebe als auch die Kunden beschäftigen.

SHK-Obermeister Rainer Häfele im Interview.
SHK-Obermeister Rainer Häfele im Interview.

Herr Häfele, wie ist aktuell die Stimmung im SHK-Handwerk?

Rainer Häfele:
Die Stimmung ist ehrlich gesagt sehr gemischt. Einerseits erleben wir eine enorme Nachfrage nach modernen Heizsystemen, nach Sanierungen, nach effizienter Gebäudetechnik. Andererseits ist die Verunsicherung bei den Kunden weiterhin sehr groß. Die Rücknahme der Rücknahme von Vorhaben, immer wieder andere Leitplanken – das treibt die Kunden um. Und uns natürlich auch.

Wie reagieren die Kunden auf dieses Hin und Her?

Der „Hype“ um das Thema Wärmepumpen ist vorbei. Das hat zwei Effekte: Weil es nicht mehr so politisch diskutiert wird, normalisiert sich die Lage und in vielen Fällen siegt die Vernunft bei der Frage, was die passende Technik für ein Gebäude ist. Der zweite Effekt ist: Manch ein Kunde, der vor drei, vier Jahren aus dieser aufgeheizten politischen und medialen Diskussion heraus noch schnell eine Gasheizung hat einbauen lassen, zweifelt nun. Es gibt tatsächlich einige, die nun am liebsten doch eine Wärmepumpe oder eine Heizung ohne reine fossile Energie einbauen lassen. Das ergibt natürlich keinen Sinn, auch wenn die fossilen Energieträger langfristig teurer werden. Eine fast neue Heizung tauscht man nicht so einfach aus.

Wie kommen die politischen Diskussionen bei der Industrie, also den Heizungsherstellern, an?

Die Politik hatte ja ambitionierte Ziele vorgegeben, wie viele Wärmepumpen eingebaut werden sollen. Um diese Ziele zu erreichen, wurden Produktionskapazitäten aufgebaut, die nun überdimensioniert erscheinen – weil sich die Nachfrage wieder in den üblichen Bahnen etwas normalisiert hat.

Normalisiert?

Die Wärmewende findet im Heizungskeller statt – das ist keine Floskel, sondern tägliche Praxis für unsere Betriebe. Und nun, ohne große politische Diskussionen findet sie tatsächlich technologieoffen statt – mit den passenden Systemen für den Kunden, ohne hektischen Heizungstausch, sondern eben dann, wenn man eine neue Heizung braucht.

Aber empfehlen Sie nicht, jetzt noch die staatlichen Förderungen mitzunehmen, die es vielleicht bald nicht mehr geben wird?

Natürlich. Aber: Nur wer vorhat, seine Heizung ohnehin auszutauschen, sollte eben jetzt zugreifen. Wer noch eine junge, funktionierende Anlage hat, sollte diese auch bis zu deren Lebensende weiter nutzen.

Die Forderungen des Fachverbands SHK BW sprechen von einem notwendigen „Energiefrieden“. Was ist damit konkret gemeint?

Energiefrieden bedeutet, dass Politik aufhört, die Wärmewende ideologisch zu führen. Wir brauchen einen breiten Konsens über die großen Linien – weg von fossilen Energien, hin zu erneuerbaren Lösungen – und dann müssen diese Eckdaten über einige Jahre Bestand haben. Ständige Richtungswechsel schaden allen: den Bürgerinnen und Bürgern, die investieren sollen, und den Handwerksbetrieben, die beraten, planen und installieren. Das Handwerk braucht Verlässlichkeit, keine Wahlkampfdebatten im Heizungskeller.

Ein zentrales Thema ist die Wärmewende. Warum sehen Sie hier den größten Hebel für den Klimaschutz?

Weil der Wärmebereich nach wie vor der größte Energieverbraucher ist. Über die Hälfte des Endenergiebedarfs entfällt auf Raumwärme und Warmwasser. Wer ernsthaft Klimaziele erreichen will, muss hier ansetzen. Der Austausch alter Öl- und Gasheizungen bringt oft sofort messbare Einsparungen. Moderne Wärmepumpen, Biomasseanlagen oder Hybridsysteme sind technisch ausgereift – aber sie müssen auch politisch sinnvoll begleitet werden, mit klarer Kommunikation und attraktiven, verlässlichen Förderprogrammen.

In Baden-Württemberg gibt es neben dem Gebäudeenergiegesetz des Bundes auch das EWärmeG. Der Fachverband fordert dessen Abschaffung. Warum?

Das EWärmeG sorgt in der Praxis für enorme Verwirrung. Wir haben zwei konkurrierende Regelwerke mit unterschiedlichen Anforderungen. Das ist weder für Hausbesitzer noch für Betriebe nachvollziehbar. Ab 2026 kommt zusätzlich der Flickenteppich durch kommunale Wärmeplanung hinzu. Unsere Forderung ist klar: Ein Gesetz, ein Regelwerk, bundesweit einheitlich. Alles andere bremst die Sanierung, weil Menschen Investitionen aufschieben, aus Angst, heute etwas falsch zu machen. Im Extremfall kann das dazu führen, dass es in einem Straßenzug unterschiedliche Vorgaben gibt. Das ist nicht zielführend.

Apropos kommunale Wärmeplanung: Welche Rolle spielt das SHK-Handwerk dabei?

Eigentlich eine ganz entscheidende, aber für mich ehrlich gesagt eine zu kleine. Unsere Betriebe kennen die Gebäude, die Netze, die Gegebenheiten vor Ort. Wärmeplanung darf nicht am Schreibtisch entstehen. Deshalb fordern wir kommunale Wärmebeiräte, in denen das Handwerk frühzeitig eingebunden ist. Gleichzeitig müssen Kommunen ehrlich kommunizieren: Nur weil ein Gebiet theoretisch als ein Wärmenetzeignungsgebiet ausgewiesen ist, heißt das nicht, dass dort in absehbarer Zeit tatsächlich ein Netz entsteht. Niemand sollte seine Heizungsmodernisierung aufschieben, weil er auf ein mögliches Wärmenetz hofft.

"Das Handwerk sollte mehr eingebunden werden."

Die SHK-Branche fordert eine Wahlfreiheit bei der Heizungswahl.

Richtig. Die Wärmeplanung darf nicht zur Monopolisierung durch kommunale Eigenbetriebe führen. Man muss als Eigentümer immer die Wahlhaben dürfen, welche Heizung man einbaut – solange sie die Anforderungen an das GEG erfüllt. Egal, ob vielleicht irgendwann eine Fernwärmeleitung oder ein Gasnetz an meiner Haustüre vorbeiführt.

Das Thema Gasnetz ist auch nicht einfach. Was erwarten Sie hier von der Politik?

Wir brauchen dringend Klarheit. Viele Kunden fragen: Was passiert mit meinem Gasanschluss, wenn ich auf eine Wärmepumpe umsteige? Wird das Netz stillgelegt, wer trägt die Kosten? Ohne einen verbindlichen Rechtsrahmen bleibt Unsicherheit. Das Land muss frühzeitig eine Strategie vorlegen – auch im Zusammenspiel mit Biogas und Wasserstoff. Nur so können Betriebe seriös beraten und Eigentümer fundierte Entscheidungen treffen.

Neben der Energiepolitik spielt auch die Wirtschaftspolitik eine große Rolle. Was sind aus Ihrer Sicht die dringendsten Punkte?

Ganz klar: mittelstandsgerechte Vergabepraxis und weniger Bürokratie. Öffentliche Aufträge müssen wieder stärker losweise vergeben werden, damit auch kleinere und mittlere Betriebe eine Chance haben. Außerdem brauchen wir den Erhalt des Handwerkerbonus. Die steuerliche Absetzbarkeit von Handwerkerleistungen ist ein wirksames Mittel gegen Schwarzarbeit und stärkt gleichzeitig die regionale Wirtschaft. Wer hier kürzt, spart am falschen Ende.

Zum Abschluss: Was wünschen Sie sich von der Landespolitik im Hinblick auf die Landtagswahl 2026?

Ich wünsche mir eine Politik, die zuhört und das Handwerk als Partner begreift. Die Wärmewende, der Klimaschutz, die Energiewende – all das funktioniert nur mit dem SHK-Handwerk. Wir stehen bereit, wir haben das Know-how und den Willen. Was wir brauchen, sind verlässliche Regeln, faire Wettbewerbsbedingungen und eine ehrliche Kommunikation gegenüber den Menschen. Dann können wir gemeinsam viel erreichen – für das Klima, für die Betriebe, für die Region und für die Kunden.

Rainer Häfele
ist Inhaber des gleichnamigen SHK-Betriebs in Göppingen, Obermeister der SHK-Innung Göppingen und im Vorstand des Landes-Fachverbands aktiv.