Stille Nacht, heilige Nacht“, „O Tannenbaum“ und „Süßer die Glocken nie klingen“ Weihnachtslieder gehören zum Fest der Liebe wie Christbaum, Plätzchen und Bescherung. Wer sich an die Feste in der Kindheit erinnert, dem kommen oft auch die Strophen der Weihnachtslieder in den Sinn, die gemeinsam unter dem Baum gesungen wurden. Auch wenn das Mitsingen in manchen Fällen nicht über die erste Strophe oder gar die erste Zeile hinausgeht, sind Weihnachtslieder fest in der westlichen Kultur verankert. Trotzdem haben viele Menschen Angst, in der Gegenwart anderer zu singen.
Schnell dreht sich da das Gedankenkarussell: Treffe ich die Töne? Machen die anderen sich über mich lustig?
Es lohnt sich, diese Gedanken zu hinterfragen und sie umzudeuten. „Ich habe den Leitsatz: Beim Singen gibt es keine Fehler, sondern nur Variationen“, sagt der Musiktherapeut Wolfgang Bossinger. Viele Menschen in Deutschland seien jedoch, anders als etwa in Schweden, wo etwa 17 Prozent der Gesamtbevölkerung in einem Chor singen, geradezu „gesangstraumatisiert“, wie er beobachtet. „Das hängt mit unangenehmen oder auch beschämenden Erfahrungen zusammen, wie etwa dem Vorsingen in der Schule.“ Viele hätten auch in jungen Jahren gesagt bekommen, dass sie nicht singen könnten.
Eine entspannte und ermutigende Atmosphäre kann die Angst vor dem Singen nehmen, führt Bossinger weiter aus. Denn wir alle dürfen trällern, schmettern und tönen - ob allein für uns oder im Chor. Wir sollten es sogar, schließlich soll es sich positiv auf unsere Gesundheit auswirken.
Singen ist gesund
Studien konnten etwa zeigen, dass es beim Singen zu einer erhöhten Ausschüttung von Immunglobulin kommt. Das ist ein Antikörper, der in Schleimhäuten vorden kommt und dort Krankheitserreger und Allergene bekämpft. Zur Ausschüttung von Immunglobulin A kommt es vor allem dann, wenn Begeisterung beim Singen im Spiel ist. Wolfgang Bossinger: Wenn man seine Lieblingslieder mit Freude singt und ohne Leistungsdruck, dann pusht man geradezu sein eigenes Immunsystem.“ Der Musiktherapeut hat deshalb einen Verein gegründet, der ein Angebot zum regelmäßigen Singen in Krankenhäusern ermöglicht
Gefühle sortieren
Singen kann auch dabei helfen, Gefühle zu sortieren. Schließlich gibt es emotionale Eindrücke, die auf uns Menschen einwirken, derer wir uns aber gar nicht bewusst sind.„Durch das Singen können wir einen Umgang damit finden“, sagt Prof. Gertraud Berka-Schmid, die ausgebildete Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie ist und an der Universität für Musik und darstellende Kunst in Wien gelehrt und geforscht hat. „Das Singen hilft dabei, wieder eine körperlich-seelische Balance herzustellen.“
Sich selbst herantasten
Sie hatten bisher wenig oder keinen Zugang zum Singen? Gertraud Berka-Schmid rät, neugierig sein und einfach einmal ausprobieren, wie wir unseren Körper zum Klingen bringen können. „Man sollte nicht mit schwierigen Stücken anfangen, sondern für sich allein in der mittleren O Stimmlage, wo man sich wohlfühlt, experimentieren, - wie etwa ein Vokal in verschiedenen Tonhöhen klingen kann“, sagt die Medizinerin, die selbst ehemalige Opernsängerin ist. „Man - kann auch erst einmal summen oder brummen, mit der - Hand auf der Mitte der Brust, s über dem Brustbein, um die Vibrationen, die die Stimme - im Körper hervorbringt, zu erleben“, rät sie. Danach kann - man sich trauen, Stimmungen in die Stimme zu bringen. „Das Wichtigste dabei ist Spaß daran zu haben, sich selbst auf diese Art - vielleicht neu kennenzulernen.“ Wer spielerisch an das Thema herangeht, merkt womöglich: Die Angst verliert sich.„Man muss zu Beginn vielleicht gar nicht von Singen reden. Klingen ist die bessere Einstiegsvokabel“, sagt Berka-Schmidt.
Und welches Ereignis eignet sich besser dazu als das gemeinsame Singen mit der Familie unter dem Weihnachtsbaum.
dpa/dia
Die zehn schönsten Weihnachtslieder
Das beliebteste Weihnachtslied der Deutschen ist„Stille Nacht, heilige Nacht“. Das ergab eine Umfrage von Statista und YouGov. Diese Songs folgen auf den weiteren Plätzen.
2 Last Christmas
3 Leise rieselt der Schnee
4 White Christmas
5 Driving home for Christmas
6 Süßer die Glocken nie klingen
7 o Tannenbaum, o Tannenbaum
8 All I want for Christmas
9 We wish you a merry Christmas
10 Kling, Glöckchen, klingelingeling
Warten an Weihnachten
Winter-Momente
Vor der Bescherung stand in meiner Kinderzeit immer der Gottesdienst in der Friedenskirche mit den farbigen Glasfenstern. Die Abfolge: immer gleich. Am Ende sangen alle gemeinsam„O Du fröhliche!“ Vor der Bescherung stand auch das Abendessen, meistens Kassler mit Kartoffelsalat. Und gesungen werden sollte auch, bevor es ans Auspacken der Geschenke ging. „Es ist ein Ros' entsprungen“, „Ihr Kinderlein kommet“, „Stille Nacht, heilige Nacht“ und „O Tannenbaum“. Ja, oh Tannenbaum. Der war, wie jedes Jahr, ein bisschen zu groß und die Spitze bog sich etwas traurig unter der Holzdecke zur Seite. Sie abzusägen, hatte niemand übers Herz gebracht. Doch die schönen silbernen Kugeln mit den weißen Ornamenten, viel Lametta und richtige Kerzen ließen ihn glitzern und funkeln, als wär er der schönste Baum der Welt. Das war er für uns ja auch, und mit dem süßen Glöckchen Klingelingeling war endlich da, worauf wir Kinder so lange gewartet hatten: Wir durften die Geschenke auspacken.
dia