Drei Weihnachtsspiele hat Michael Jost im Trikot der Crailsheim Merlins bestritten, bei allen dreien ging er als Sieger vom Platz: 2015 siegten die Zauberer in ihrem zweiten BBL-Jahr 73:70 gegen Bayreuth, 2016 und 2017 gewannen die Merlins in der Pro A gegen Kirchheim (90:69) und gegen Hagen (76:72). ,,Ich weiß noch, dass Ingo und Martin immer so zwei, drei Wochen vorher ankamen und uns erklärt haben: Dieses Weihnachtsspiel muss gewonnen werden. Die Siegesserie muss halten, egal gegen wen", erinnert sich Michael Jost. Besonders gern denkt er dabei an den Sieg anno 2015 zurück. „Es war das erste BBL-Jahr für mich, es ging gegen Bayreuth, die damals nicht so schlecht waren. Wir haben gewonnen, das war schon geil!" Jost steuerte in 16:34 Minuten sechs Punkte zum Sieg bei, allesamt von der Freiwurflinie, mit perfekter Quote von dort; Konrad Wysocki war mit 22 Punkten Topscorer der Merlins in diesem Spiel.
Extra viel Selbstbewusstsein
Die Weihnachtsspiele in Ilshofen hatten für Jost immer ein besonderes Flair, verrät er. „Das Coole ist, dass man schon von Anfang an die Halle hinter sich hat. Normal muss man ja die Fans erst durch gute Aktionen in Schwung bringen, dass sie dich unterstützen. Aber beim Weihnachtsspiel sind sie sofort von Anfang an da. Du machst den ersten Punkt, hast aber das Gefühl, du hast gerade den Gamewinner geworfen. Das hat dir immer so einen Push gegeben. Es war immer ausverkauft, gab immer eine geile Show. Da hatte ich immer sehr viel Selbstbewusstsein, wenn wir da an Weihnachten gespielt haben."
Ex-Spieler der Merlins
31 Bundesliga-Spiele hat Michael Jost für die Crailsheim Merlins in der Saison 2015/16 absolviert. Am Ende stand der Abstieg in die Pro A fest. Dort war der Power Forward 2017/18 Teil der Merlins-Mannschaft, die den Wiederaufstieg in die BBL schaffte. Danach zog es den heute 34-Jährigen Seawolves nach Rostock. Für die war er vier Jahre lang in der Pro A aktiv, und auch mit den Hansestädtern gelang ihm der Aufstieg in die deutsche Eliteklasse - und das als Co-Kapitän der Mannschaft. Mit diesem Erfolg beendete er seine Profikarriere im Sommer. Dabei hatte er eigentlich schon nach seiner Zeit in Crailsheim ans Aufhören gedacht. ,,Ich hatte nach dem Aufstieg mit Crailsheim schon das Gefühl, dass ich etwas anderes machen möchte. Dann habe ich aber den Anruf aus Rostock bekommen: Mitchi, wir haben hier etwas Großes vor, wir wollen aufsteigen, willst du uns helfen, hast du Bock? Rostock war in Deutschland nicht so bekannt als Basketball-Verein", blickt Jost zurück.
Als gebürtiger Berliner fand er das Angebot reizvoll. ,,Rostock ist nur zwei Stunden weg von Berlin. Ich dachte mir: Machst du mal eine Saison, mal schauen, wie es läuft. Dann wurden es vier Jahre. Als ich kam, war es das erste Jahr in der Pro A nach dem Aufstieg aus der Pro B. Das hat sich alles super entwickelt. Nach dem Aufstieg in die Bundesliga habe ich mir aber gedacht, jetzt reicht es wirklich. Der Körper streikt so langsam auch öfter mal. Es war keine Qual, zum Training zu gehen, aber es machte nicht mehr jeden Tag Spaß. Für meine Möglichkeiten habe ich alles erreicht. Ich bin mit Crailsheim aufgestiegen, jetzt mit Rostock."
Michael Jost hat allerdings noch nicht ganz mit Basketball aufgehört. Er spielt noch für die zweite Mannschaft der Seawolves in der zweiten Regionalliga. „Das Farmteam sollte möglichst Pro B irgendwann mal spielen. Es sieht gerade ganz gut aus. Die Hinrunde haben wir jetzt mit zehn Siegen in Folge abgeschlossen. Für mich ist das auch Abtrainieren - von zehnmal auf nur noch dreimal pro Woche Training."
Handel für Fotovoltaikanlagen
Seine berufliche Karriere abseits des Sports geht gerade erst los. Vor der Profilaufbahn hat Jost eine Ausbildung als Kaufmann im Groß- und Außenhandel gemacht. ,,Ich habe es aber dann nie praktiziert. Schon nach Crailsheim habe ich überlegt, zur Polizei oder zur Feuerwehr zu gehen. Irgendetwas mit Action, wo man nicht nur im Büro sitzt, sondern auch im Team arbeitet. Nach dem Aufstieg kam jetzt ein Sponsor und Freund auf mich zu, der ist Großhändler für Fotovoltaikanlagen. Er hat mich gefragt, ob ich bei ihm einsteigen möchte. Es ist nicht so leicht, in einen Jobreinzukommen, wenn man das jahrelang nicht gemacht hat. Alle Kollegen unterstützen mich, so gut es geht. Es macht Spaß, ich bereue es nicht", sagt Jost.
Er freut sich, jetzt mehr Zeit für Freundin Julia, mit der er seit 2009 zusammen ist, und den beiden Hunden zu haben. Vor allem an den Weihnachtsfeiertagen. Es geht in den Urlaub nach Österreich, Skilanglauf mit den Hunden steht auf dem Programm, ,,es wird eher entspannt", sagt er. Ganz im Gegensatz zum straffen Programm der Rostocker Basket-baller. ,,Die Seawolves haben zwei Auswärtsspiele, zuerst bei den Merlins am 23. Dezember, dann am 26. Dezember in Frankfurt. Die haben gar nichts von Weihnachten. Da bin ich super happy, dass ich jetzt in der Situation bin, auch einfach mal mit der Familie was planen zu können."
Die Spiele in der Regionalliga seien auch kein Vergleich zum Aufwand in der BBL und der Pro A. ,,Die Auswärtsspiele sind nicht mehr so weit weg. Man fährt höchstens zwei Stunden hin und zurück. Man hat dann auch noch was vom Wochenende, was die letzten Jahre eigentlich nie möglich war", sagt Michael Jost.
Der 34-Jährige denkt noch gerne an seine Zeit in Crailsheim zurück. „Die Aufstiegssaison war super schön. Mit der Halle bringt man viele gute Erinnerungen zusammen. Welch tolle Siege wir gefeiert haben, wie wir Teams zum Teil dominiert haben - es hat extrem Spaß gemacht, dort Basketball zu spielen. Generell waren die drei Jahre super schön."
Das lag auch an Merlins-Teambetreuer Peter Jentsch, ,,ein herzensguter Mensch", wie Michael Jost betont. ,,Er war total menschlich. Aber das waren alle Crailsheimer. Egal, wo man sich getrof-fen hat. Im Kaufland beim Einkaufen nach dem Training kam man mit Fans immer wieder mal ins Gespräch, ich wurde eingeladen zum Grillen. Das war sehr familiär, es ging nicht nur um Basketball, sondern sie wollten dich auch als Mensch kennenlernen. In einer Großstadt hat man so etwas nicht, da ist man anonym. Man ist viel näher an den Fans dran, vor dem Spiel, nach dem Spiel - es sind ja auch viele Ehrenamtliche aktiv, bei denen man sich dann bedankt, dass sie so viel machen. Das ist ja auch nicht selbstverständlich. Sie machen das mit ganz viel Liebe. Das werden sie auch in 1000 Jahren noch machen, sie stehen so hinter dem Verein. Das ist sehr schön."
Detailverliebter Trainer
Die Entwicklung der Merlins sei erstaunlich. Dazu habe Tuomas Iisalo sehr viel beigetragen. ,,Man sieht ja, wo er jetzt steht mit Bonn. Das haben wir damals schon in der Pro A mitbekommen, dass er ein sehr spezieller Trainer ist, der sehr detail verliebt ist. Da dachte ich schon: Krass, wie er das in der Pro A macht, das kann auch eigentlich in der ersten Liga nur gut werden. Sebastian Gleim hat das dann weiter-geführt. Insgesamt hat Crailsheim dadurch einen ordentlichen Sprung gemacht. Niemand fährt mehr einfach nach Crailsheim und denkt sich, das wird jetzt leicht, dort zu gewinnen."
Rostock wird aber einen Sieg im Weihnachtsspiel in Ilshofen anstreben. ,,Die vier Siege zum Saisonstart kommen nicht von ungefähr, die haben sie sich verdient." Deshalb ist Jost auch ,,sehr zuversichtlich", dass die Seawolves den Klassenerhalt schaffen. Auch wenn in der Tabelle momentan noch einige Teams unten stehen, ,,die man da normalerweise nicht findet. Ich denke, einige werden noch aufrüsten."
Zum Ausgang des Weihnachtsspiels äußert sich Michael Jost ganz demokratisch: ,,Der Bessere soll gewinnen. Crailsheim hat natürlich den Vorteil, dadurch dass es deren Weihnachtsspiel ist. Ich denke, Ingo und Martin werden den Spielern schon gesagt haben: Die Halle wird voll sein, egal welcher Gegner kommt, auch wenn es Bayern München ist, versucht das Spiel zu gewinnen. Aber auch die Rostock Seawolves werden alles geben, die wollen in der Bundesliga bleiben, brauchen jeden Sieg. Ich denke, es wird ein schönes, enges Spiel." Joachim Mayershofer
"Mitch war ein guter Typ, der ins Team passte"
Ingo Enskat, 2015/16 Trainer der Merlins in der BBL, erinnert sich an Michael Jost: Michael war einer der Spieler, die in unseren taffen Anfangsjahren in der BBL dabei waren. Er hat eine ganz gute Mischung aus Innenund Außenspiel mitgebracht. Er ist auch physisch zu Werke gegangen. Mitch war ein guter Typ, der in die Mannschaft damals gepasst hat."