Flügge werden: Wie der Auszug gelingt
Sonderveröffentlichung

Ausbildung - last minute Flügge werden: Wie der Auszug gelingt

Nach der Schule beginnt ein neuer Lebensabschnitt mit Ausbildung oder Studium. Damit steht auch eine Entscheidung an: Nesthocker mit Vollpension im Hotel Mama? Oder doch lieber ausziehen? In Deutschland gibt es eine deutliche Tendenz.

Von Zuhause auszuziehen ist ein wichtiger Schritt hin zum Erwachsenwerden. K.C.STOCK.ADOBE.COM

11.05.2024

Laut dem Statistischen Bundesamt ziehen Kinder mit durchschnittlich 23,6 Jahren bei den Eltern aus - immerhin drei Jahre früher als der EU-Durchschnitt. Töchter sind mit 22,7 Jahren noch etwas eher dran als die Söhne mit 24,4 Jahren. Nach der Pubertät als Ablösungsphase ist ein guter Zeitpunkt, ein eigenes Leben zu führen.

Junge Erwachsene müssen ihren Weg suchen und finden und das geht viel besser, wenn sie nicht mehr zu Hause wohnen. Zu Hause heißt es: Mama oder Papa kümmern sich darum. Aber woanders müssen sie es selbst machen.

Erziehung hat von Beginn an die Selbstständigkeit im Blick, heute mehr denn je. In der Regel ziehen Kinder von zu Hause aus, wenn die erste Ausbildung, oft ist das die Schulzeit, abgeschlossen ist. Von selbst ergibt es sich zum Beispiel, wenn junge Leute die Zusage für einen Studienplatz aus einer anderen Stadt bekommen.

Was hilft, ist konkret über den Auszug und damit über den neuen Lebensabschnitt für alle Familienmitglieder zu reden. Kinder können leichter ausziehen, wenn sie wissen: Die Eltern wollen, dass ich meinen eigenen Weg mache, aber gleichzeitig kann ich jederzeit kommen, wenn etwas schwierig ist.

Finanzielle Aspekte im Vorfeld besprechen

Der Haken beim Ausziehen ist oft der finanzielle Aspekt. Kann ich es mir leisten, auszuziehen? Wo kommt die Miete her? Gut ist, wenn über solche Dinge immer schon offen in der Familie gesprochen wurde. Das heißt, dass das Bewusstsein, was Dinge kosten und was man sich leisten kann und will, nach und nach im Alltag wächst. Dann fällt es leichter, alle Möglichkeiten miteinander durchzugehen. Denn egal, ob es in eine WG oder eine eigene Wohnung gehen soll, die Eltern hängen bei der Finanzierung oft mit drin. Es sollte um zwei Fragen gehen: Was brauchst du? Was können/wollen wir dazu geben? Denn wenn die Eltern blind alles zahlen, lernen die Kinder nicht wirklich, selbstständig zu werden.

Eltern, denen das möglich ist und die gerne vorausschauend planen, haben vielleicht mit Blick auf einen Auszug schon Geld beiseitegelegt. Oder der Nachwuchs selbst hat mit Jobs etwas angespart. Nicht nur bezüglich der Finanzen ist eines tröstlich: Auszug ist ein Prozess. Vom ersten Plan bis zur Umsetzung vergeht Zeit, in der Dinge ausgelotet, geklärt und entschieden werden können.

Nachwuchs mitdenken lassen

Wenn Eltern ihre Kinder mitdenken lassen in diesem Prozess, lassen sich Konfliktsituationen eher vermeiden. Wichtig ist, dass Eltern akzeptieren und wahrnehmen, dass ihre Kinder nun junge Erwachsene sind. Offen und ehrlich reden ist auch das A und O, wenn es an die Einrichtung des eigenen WG-Zimmers oder der kleinen Wohnung geht. Eltern müssen akzeptieren, wenn das Kind nicht den ausrangierten Tisch von Tante Trude in der Küche stehen haben will.

Die jungen Erwachsenen wiederum sollten Angebote aus dem Familien- und Bekanntenkreis durchaus wertschätzen, sich aber auch auf ihren eigenen Geschmack verlassen. Man kann zweierlei tun: Sich einerseits für das Angebot bedanken und gleichzeitig für sich selbst wissen: Will ich das oder gefällt mir das gar nicht?

Irgendwann ist es dann so weit: Das Kind ist aus dem Nest heraus. Für die Eltern ist das Loslassen meist schwieriger als für das Kind. Das darf man sich auch ruhig eingestehen. Viele Eltern sind gleichzeitig irgendwie traurig und auch froh. Diese Ambivalenz ist normal. Ein Lebensabschnitt geht zu Ende, aber etwas Neues fängt an - nicht nur für das Kind, auch Eltern können die entstehenden Freiräume neu füllen. Es kann hilfreich sein, sich in dieser Zeit mit anderen Eltern aus dem Freundes- und Bekanntenkreis auszutauschen, die dasselbe durchleben.

Wie sich das Miteinander von Eltern und ausgezogenem Nachwuchs weiter gestaltet, hängt von vielen Faktoren ab: Wohnen Sohn oder Tochter noch in derselben Stadt? Wie gern nehmen sie Hilfe von Mama und Papa noch in Anspruch?

Wenn Kindern ein Auszug leichtfällt, ist das durchaus positiv zu bewerten: Das ist eine Bestätigung dafür, dass die Eltern ganz viel richtiggemacht haben. Denn Kinder können gut gehen, wenn die Bindung gut ist und sie wissen: Ich kann jederzeit nach Hause kommen, aber meine Eltern freuen sich auch, wenn es mir ohne sie gut geht.
dpa