Lange "Lieferzeit" für Fachkräfte
Sonderveröffentlichung

Digitale Transformation Lange "Lieferzeit" für Fachkräfte

Digital ist nicht gleich digital: In den Unternehmen fehlen qualifizierte Fachkräfte. Spezialisten sind gefragt. Mehr aber sind es Allrounder, die Wertschöpfung sichern. Auch für solche Allrounder gibt es Studien- und Ausbildungsmöglichkeiten.

Ⓒ GOLDEN SIKORKA/ADOBESTOCK

17.03.2023

Wo sind sie, die Fachkräfte von morgen, die die Themen von übermorgen in der Industrie am besten heute schon anstoßen? Qualifizierte Fachkräfte sind gefragt – aber ein rares Gut. Und es wird nicht besser, weiß Dr. Dietrich Birk, Geschäftsführer des VDMA in Baden-Württemberg, dem Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau. In den nächsten Jahren wird eine ganze Generation von Ingenieurinnen und Ingenieuren in den Ruhestand gehen. Und das in einer Zeit, in der sich die Industrie neu erfinden muss und bei allen Innovationen auch Erfahrung gefragt ist. Schon jetzt gilt es für die Betriebe, die Weichen zu stellen und sich für die digitale Zukunft fit zu machen. „Viele Betriebe haben das verstanden und sich entsprechend aufgestellt“, berichtet Birk. Sind die jungen Fachkräfte der Generation Y in den Firmen mit ihren digitalen Ideen überhaupt willkommen oder halten die Entscheider an bislang Bewährtem fest? „Sie sind willkommen und werden mit offenen Armen empfangen“, erklärt Dietrich Birk – schließlich komme man um das Digitale nicht mehr herum. 

Das bestätigt auch Professor Dr.- Ing. Mario Roßdeutscher von der Hochschule Esslingen. Er war beim Automobilkonzern Mercedes-Benz für die Implementierung digitaler Prozesse verantwortlich und weiß: „Ohne qualifiziertes Personal geht es nicht.“ Man müsse aber genau schauen, wer für die Herausforderungen des jeweiligen Unternehmens das passende Profil mitbringt. Firmen, die nun zwanghaft und „künstlich“ die „Künstliche Intelligenz“ in den Betrieb bringen wollen, dürfen die Wertschöpfung nicht vergessen. „Digitalisierung und KI machen nur dann Sinn, wenn sie sinnvoll in den Betrieb gebracht werden“, erklärt er. Und genau darum braucht es für die jeweiligen Aufgabenstellungen die passenden qualifizierten Fachkräfte. Am besten Allrounder, die aus den unterschiedlichen Bereichen Knowhow mitbringen. Der Dreiklang „Digitale Technologien“, „Nutzerverhalten“ und „Wertschöpfung“ sind es, die das Erfolgsrezept darstellen. In dieser Kombination lehrt Roßdeutscher im Studiengang „Digital Engineering“ genau diese Allrounder. Es bringt nichts, einen IT-Experten in den kaufmännischen Vertrieb zu engagieren oder einen Wirtschaftswissenschaftler in die Konstruktions- und Entwicklungsabteilung.

Bedarfsgerechte Angebote für Studium und Ausbildung

In enger Abstimmung mit der Industrie werden darum in diesen Bereichen Lehrinhalte abgestimmt und kooperative Studien- und Ausbildungsmöglichkeiten geschaffen. „Die Berufschancen von qualifizierten Ingenieurinnen und Ingenieuren sind weiterhin ausgezeichnet. Die Industrie benötigt dringend top ausgebildete Fachkräfte, insbesondere in den Ingenieurwissenschaften. Nur so wird uns die Transformation unserer Wirtschaft gelingen. Dass sich die Hochschule Esslingen dieser Aufgabe stellt, ist der richtige Weg und zu begrüßen“, sagt Dr. Dietrich Birk. Auch andere Hochschulen haben ähnliche Angebote – aber die „Lieferzeiten“ für Ingenieurinnen und Ingenieure sind lange. Dieser Lieferengpass beschäftigt die Unternehmen mindestens so sehr wie der Mangel an Chips und anderen Rohstoffen. Die Kosten für Recruiting in den Betrieben sind dafür genauso gestiegen wie für Energie und Dienstleistungen. Dennoch dürfen sie bei den Bemühungen nicht nachlassen, junge Leute für die digitale Berufswelt zu begeistern, die eine Herausforderung ist, aber durchaus eine Zukunft hat. Für die Mitarbeitenden und für die Unternehmen gleichermaßen. Constantin Fetzer