Nevena Dačić hat ihren Berufswunsch quasi auf Netflix entdeckt: „Ich bin großer Fan von Anwaltsserien wie beispielsweise ,Suits’. Neben den Anwälten kommt dort auch den Rechtsanwaltsfachangestellten eine bedeutende Rolle zu. Der Beruf hat mir einfach zugesagt“, erzählt die 19-Jährige. Meghan Markle war sozusagen ihre Inspiration.
Ohne große Umwege hat sich die Gaildorferin deshalb nach ihrer Fachholschulreife bei mehreren Kanzleien in der Umgebung beworben. „Die Suche nach einem Ausbildungsplatz war anfangs gar nicht so einfach. Die Corona-Pandemie hatte gerade begonnen und viele Betriebe haben nicht nach Nachwuchs gesucht“, berichtet Nevena. Letztendlich hat sie einen Ausbildungsplatz bei der Kanzlei SLR in Schwäbisch Hall bekommen. „Ich konnte hier einen Tag zur Probe arbeiten. Die Tätigkeiten und die Kollegen haben mir auf Anhieb gefallen. Da war mir schnell klar: Das passt!“ Zudem sei die Kanzlei sehr gut mit dem Bus zu erreichen, was ein weiterer Vorteil für die 19-Jährige ist.
Mittlerweile ist Nevena im zweiten Lehrjahr angekommen und immer noch von ihrer Jobwahl überzeugt: „Der Beruf ist sehr vielseitig und mein Arbeitstag verläuft ganz anders als sich es so mancher vorstellen kann.“ Viele denken immer, sie hätte einen normalen Bürojob und würde sich den ganzen Tag nur mit Akten beschäftigen, sagt sie. „Das ist aber nicht so. Ich erledige zum Beispiel auch Botengänge zum Gericht. Selbst meine Eltern sind immer wieder erstaunt, wie viele Schritte ich täglich mache“, erzählt sie lachend.
"Organisation und strukturiertes Arbeiten ist in meinem Beruf wirklich das A und O."
Daneben kümmert sich die Auszubildende um die Post, um Rechnungen und um die Korrespondenz. „Aktuell bin ich hier in der Kanzlei dem Bereich Zwangsvollstreckung eingeteilt. Das heißt, ich bereite Schriftstücke für Schuldner und Gerichtsvollzieher vor.“ Auch das Schreiben von Diktaten gehört zu ihrem Aufgabenbereich. Dabei sprechen die Anwälte der Kanzlei den gewünschten Text auf ein Diktiergerät ein. Nevena hört es ab und fertigt einen Schriftsatz daraus an. „Dann geht es zurück zum Anwalt, er macht den Feinschliff und unterzeichnet es. Ich bekomme das Dokument zurück und gebe es zur Post“, erläutert sie.
Besser lernen mit Beispielfällen
Zwei Tage in der Woche verbringt die angehende Rechtsanwaltsfachangestellte in der Berufschule in Heilbronn. „Auf dem Lehrplan stehen klassische Fächer wie Englisch, Deutsch oder Ethik. Spezifischer wird es dagegen bei BWL, Rechtsanwendung oder Wirtschafts- und Sozialkunde.“ Besonders gefallen ihr die Unterrichtseinheiten, in denen Beispielfälle besprochen werden. „Viele glauben, Paragrafen zu lernen, sei langweilig und trocken. Ich finde aber, wenn man sie anhand von realen Fällen erklärt bekommt, ist es ganz einfach, greifbar und wirklich interessant!“ Zudem könne sie das erlernte Wissen auch in ihrem privaten Alltag gebrauchen.
Besonders schätzt Nevena auch, dass sie in ihrem Kanzlei-Alltag einen umfangreichen Einblick in die unterschiedlichsten Sparten bekommt. „In unserer Kanzlei gibt es drei Anwälte mit verschiedenen Schwerpunkten und Kollegen mit reichlich Expertise. Ich darf also Akten aus allen möglichen Bereichen bearbeiten.“ Das sei allerdings nicht selbstverständlich, weiß die Gaildorferin, die in ihrer Freizeit gerne ins Fitnessstudio geht. „Es gibt auch Kanzleien, die nur von einem Anwalt geführt werden und in denen es keine weiteren Fachangestellten gibt. Hier wird die Ausbildungserfahrung bestimmt anders sein.“
Nevena ist sich sicher, dass sie für sich den richtigen Job gefunden hat. Nach ihrer Ausbildung möchte sie sich deshalb zur Rechtsfachwirtin weiterbilden lassen. Wer ebenfalls mit dem Gedanken spielt, Rechtsanwaltsfachangestellter zu werden, sollte gute Deutschkenntnisse mitbringen und vor allem strukturiert arbeiten können. „Organisation ist in diesem Beruf wirklich das A und O.“ Eileen Scheiner