Lernen endet nicht mit dem ersten Abschlusszeugnis, sondern ist ein lebenslanger Prozess. Mit dem Qualifizierten Hauptschulabschluss und der Ausbildung zum Werkzeugmechaniker sollte für Tobias Pfründer die Karriere nicht abgeschlossen sein: „Als 18-Jähriger wollte ich mich nicht damit abfinden, beruflich an meiner Endstation angekommen zu sein.“ Auch wenn die Aussicht auf ein ordentliches Gehalt verlockend war, entschied er sich für den anstrengenden zweiten Bildungsweg: „Mir war bewusst, dass eine gute Ausbildung und hohe Qualifizierung unverzichtbar für Eigenverantwortung, Freiheit und Selbstständigkeit im Berufsleben sind.“
Aufgeben war nie eine Option
Um den anspruchsvollen Lernstoff aus Mathematik und Englisch der Realschule aufzuholen, galt es zunächst, in konzentrierter Form nachzulernen: in zwei Monaten, an jeweils sechs Tagen in der Woche.„Da war außer Schule kaum noch etwas Anderes für mich drin.“ Aufgeben sei für ihn jedoch nie eine Option gewesen. Als ehemaliger Triathlet kennt Pfründer die Höhen und Tiefen auf dem anstrengenden Weg zum Ziel. Durchhaltevermögen, Leidensfähigkeit und Ehrgeiz lagen ihm als Leistungssportler schon damals im Blut. Es folgte ein weiteres hartes Jahr mit noch mehr Lernstoff zur Fachhochschulreife.
Unterbrochen wurde die schulische Laufbahn durch die Einberufung zum Zivildienst. Junge Männer wurden damals, bis 2011, für mehrere Monate zum Wehr- oder Zivildienst verpflichtet. Im Pflegeheim, in dem er damals den Ersatzdienst leistete, wurde ihm anschließend sogar eine Arbeitsstelle angeboten.„Obwohl ich dort sehr gern gearbeitet habe, habe ich mein Ziel, das Diplom zum Maschinenbauingenieur, nie aus den Augen verloren.“ Es folgte das vierjährige Studium in Ulm zum Maschinenbauingenieur, das ihn sogar zu Auslandsaufenthalten in den USA und Neuseeland führte, wo er schließlich auch seine Diplomarbeit schrieb. „Ich bin ins Ausland gegangen, weil ich meine Englischkenntnisse ausbauen wollte“, erklärt Pfründer.
Einmal mehr sollte er mit seiner ehrgeizigen Lernstrategie im Berufsleben recht behalten: Als Servicetechniker für mobilhydraulische Anlagen konnte er sich mit seinen guten Sprachkenntnissen bei internationalen Einsätzen bestens verständigen. „In der Praxis habe ich gelernt, wie die Technik funktioniert und wie Probleme behoben werden können.“
Es sei eine sehr aufregende und interessante Zeit gewesen, an die er sich noch immer gerne erinnere, wie er sagt: „Ich habe endlich die Selbstständigkeit erreicht, die ich mir hart erarbeitet hatte.“ Schließlich übernahm er nach drei Jahren im Service und drei Jahren im Vertrieb die Vertriebsleitung der Mobilhydraulik im Bereich der Forstmaschinen.„Ich war sehr zufrieden mit meiner Arbeit, hatte tolle Kollegen und spürte trotzdem, dass es wieder Zeit war, aus meiner Wohlfühlblase herauszutreten, um mich neuen Herausforderungen zu stellen.“
Die Kurzarbeit brachte die kreative Idee
Ein Mitbewerber aus der Branche heuerte ihn schließlich als Gebietsverkaufsleiter an. Namhafte Kunden in Süddeutschland, Österreich und der Schweiz gehörten jahrelang zu seinem Verantwortungsbereich. Doch als die Corona-Krise das Unternehmen zur Kurzarbeit zwang, kam der Sinneswandel: „Mir wurde schlagartig bewusst, wie sehr ich von meinem Arbeitgeber finanziell abhängig war.“ Die Zeit, die ihm die Kurzarbeit bescherte, nutzte Pfründer, um eigene Ideen umzusetzen und gründete mit„Möbel von hier“ sein eigenes Unternehmen. Was zunächst aus einer launigen Idee in der eigenen Garage entsprungen war, ist aktuell Pfründers neues Vollzeitprojekt, für das er sich seit dem vergangenen Herbst ein Jahr Auszeit vom Maschinenbau genommen hat.
Beruflich wieder offen für Neues
Mit liebevoll gestalteten Urnen, die von ihm entworfen, hergestellt und vertrieben werden, hat er den Schritt in die Selbstständigkeit gewagt. Sein kaufmännisches und technisches Wissen der vergangenen Jahrzehnte sind ihm hilfreich dabei, sein eigenes Unternehmen wirtschaftlich auf Erfolgskurs zu bringen. Auf dem neuen beruflichen Weg, den er damit beschreitet, zeigt sich einmal mehr, dass Ausdauer, eine gute Ausbildung und eine hohe Qualifizierung der beste Ausgangspunkt für Eigenverantwortung, Freiheit und Selbstständigkeit sind.
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Zweite Ausbildung
Manchmal stehen die Vorstellungen über die berufliche Zukunft der Kinder im Widerspruch der Eltern. Sind die Ansichten so gegensätzlich, sodass sich die Fronten e unerbittlich verhärtet haben, müssen Richter über etwaige , Rechtsansprüche zur Förderung entscheiden.
Im folgenden Fall hatte das - Oberlandesgericht Nürnberg g in seinem Urteil über das verschiedene Verständnis von e künstlerische Kreativität und ʼn technischer Planung zu entscheiden.
Unterschiedliche Sichtweisen auf Ausbildung
Weil für einen Vater eine Holzbildhauerin nichts mit einer Architektin zu tun hat, weigert er sich Kosten für Studium seiner Tochter zu übernehmen. Doch ein Gericht sieht es anders. Es besteht ein enger zeitlicher und sachlicher Zusammenhang zwischen Ausbildung und einem daran angeschlossenen Studium?
Dann sind Eltern in der Regel verpflichtet, dem Kind auch für die Zeit des Studiums weiterhin Unterhalt zu zahlen. Auf eine entsprechende Entscheidung des Oberlandesgericht Nürnberg weist die Arbeitsgemeinschaft Familienrecht des Deutschen Anwaltvereins hin.
Braucht Architektin keine künstlerische Ader?
Im konkreten Fall hatte eine Tochter eine Ausbildung zur Holzbildhauerin gemacht. Drei Monate später nahm sie in Architekturstudium auf, wofür sie ein Jahr lang Bafög bezog.
Das sollte der Vater allerdings zurückzahlen - doch der lehnte ab. Aus seiner Sicht hatte die Tochter gar keinen Unterhaltsanspruch mehr. Das Studium sei ja nicht der zweite Teil einer einheitlichen Erstausbildung, sondern eine fachfremde Zweitausbildung. Eine Holzbildhauerin beherrsche ein künstlerisches Handwerk, wohingegen eine Architektin plane, überwache und steuere.
Richterliches Urteil gefallen
Das sahen die Richter anders: Sie gehen von einer einheitlichen Ausbildung aus. Es sei unerheblich, dass der Beruf der Holzbildhauerin eher dem künstlerischen Bereich zuzuordnen sei, denn auch das an der Hochschule Augsburg belegte Architekturstudium habe eine künstlerische Komponente.
So müssten etwa Bewerber vor Aufnahme des Studiums im Eignungstest ihre künstlerische Begabung nachweisen. Außerdem müssten eine praktische Ausbildung einerseits und das Studium andererseits nicht zwingend derselben Berufssparte angehören. Es reiche auch, wenn das eine für das andere eine fachliche Ergänzung, Weiterführung oder Vertiefung bedeutet oder die praktische Ausbildung eine sinnvolle und nützliche Vorbereitung auf das Studium darstellt, so das Gericht.
dpa