Seit Februar absolviert sie in der Einrichtung für Eingliederungshilfe ein Freiwilliges Soziales Jahr (FSJ), das auf sechs Monate ausgelegt ist. Betrieben wird die Stätte von der Samariterstiftung. „Für die Arbeit in einer solchen Wohngruppe habe ich mich schon immer interessiert“, berichtet die 19-Jährige. „Als dann meine Freundin ein FSJ in einer anderen Einrichtung der Samariterstiftung angefangen hatte, wollte ich das auch ausprobieren.“ Die Klienten werden von einem Team aus Heilerziehern und Pflegekräften rund um die Uhr bei der Bewältigung ihres Alltags unterstützt. Ihre Autonomie soll jedoch weitgehend gewahrt bleiben. So haben sie ein eigenes Zimmer samt Nasszelle und Mikrowelle, teilen sich aber ein Wohnzimmer und eine Kochnische mit ihren Nachbarn.
Judith wird derzeit im Erdgeschoss eingesetzt. „Dort leben zwölf Personen, die noch recht fit sind. Im Obergeschoss wohnen Klienten, die eine intensivere Pflege brauchen.“ Zu Beginn mussten sich die Bewohner erst an das neue Gesicht in ihren Reihen gewöhnen. „Aber das ändert sich, je länger man dabei ist“, berichtet die Crailsheimerin.
Die junge Frau wurde bald zu einem festen Teil der täglichen Routine. Sie deckt den Menschen den Frühstückstisch, bereitet Brot und Wurst vor, fährt die Bewohner zum Arzt oder erledigt mit ihnen Einkäufe. Zudem hilft sie ihnen, Ordnung zu halten. Vor allem aber versucht Judith, Kontakt aufzubauen. „Mit einem älteren Herrn spiele ich oft Schach. Da merke ich immer, wie er richtig aufblüht“, freut sie sich. Zudem sei es ihr gelungen, das Vertrauen einer sehr zurückgezogenen Frau zu gewinnen. „Als sie einmal Schlager hörte, ihre Lieblingsmusik, bin ich einfach zu ihr ins Zimmer gegangen. Dann haben wir zusammen ‚Hula’ und ‚Macarena’ getanzt“, sagt Judith strahlend. „Es ist generell immer ein Erfolg für mich, wenn sich die Menschen öffnen und gesprächiger werden.“
Natürlich gebe es auch Tage, an denen es den psychisch Kranken nicht so gut geht. „Dann werden sie lauter und ungeduldiger“, erläutert die Freiwilligendienstlerin. „Aber da muss man einfach die Ruhe bewahren und freundlich bleiben.“ Berührungsängste habe sie von Anfang an keine gehabt. „Die Mitarbeiter führen uns da aber auch ganz gut heran.“ Die Absolventin eines Gymnasiums schätzt den Austausch mit den Menschen, die anders sind. „Es wird nie langweilig, jeder Tag ist anders. Und wenn man so viel Zeit mit den Leuten verbringt, wachsen sie einem natürlich auch ans Herz“, hebt sie hervor.
Festes Ziel vor Augen
Der Schichtdienst mache ihr nichts aus. „Für mich ist es angenehm, um 6.30 Uhr in Ruhe in den Tag zu starten“, sagt sie lachend. Auch die Spätschicht bis 21 Uhr sei für sie „vollkommen in Ordnung“. Darüber hinaus werde die Wochenendarbeit mit schnell folgenden freien Tagen wieder ausgeglichen. Das FSJ habe Judith bei ihrer Berufsorientierung enorm geholfen. „Ich wurde in meiner Überlegung bestärkt, Soziale Arbeit zu studieren“, betont sie. Einen Platz für ein Studium an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg in Stuttgart habe sie sich bereits gesichert. Hannah Pompalla
"Wenn man so viel Zeit mit den Menschen verbringt, wachsen sie einem natürlich ans Herz."