In Musdorf wird das Jahr geteilt
Sonderveröffentlichung

Muswiese 2022 In Musdorf wird das Jahr geteilt

Bis heute werden Geschäfte entweder vor oder nach der Muswiese getätigt. Auf eine lange Tradition können auch die Bauernwirtschaften zurückschauen - bei sieben Häusern lag das ursprüngliche Schrankrecht.

Die zahlreichen Markthändler, Festwirte und Aussteller machen den ansonsten so beschaulichen Weiler zu einer großen Begegnungsstätte. Foto: Drohnenbilder Balbach

07.10.2022

Musdorf - ein Weiler von 18 Häusern und mit 60 Einwohnern wenige Kilometer von Rot am See entfernt. Ein ganz normales Dörfchen, das jedoch einmal im Jahr zum Mittelpunkt Hohenloher Lebens wird. Denn seit 1434 lockt die Muswiese Besucher von weit her an. Sie war immer schon Markt und Treffpunkt - auch in unruhigen Zeiten.

Schon zu Beginn war zur ,,Muswiesenzeit" das Arbeitsjahr in der Landwirtschaft beendet. Die Ernte war eingebracht und man bereitete sich auf den Winter vor. Das neue Jahr begann nicht am 1. Januar, sondern nach der Muswiese. So wurden und werden oftmals auch Geschäfte abgeschlossen, die entweder noch vor der Muswiese erledigt werden müssen oder eben dann erst nach der Muswiese dran sind.

Im Gewerbezelt und auf der Ausstellung finden Besucher alles für Haus und Hof. Foto: Gemeinde Rot am See
Im Gewerbezelt und auf der Ausstellung finden Besucher alles für Haus und Hof. Foto: Gemeinde Rot am See

Und so ist es auch nicht verwunderlich, dass der Ausfall der Muswiese in den vergangenen beiden Jahren nur schwer für die Region zu verschmerzen war. Denn Musdorf beheimatet eben nicht nur einen Markt mit Ausstellung und Schaustellerbereich, sondern der ganze Ort ist eine große Begegnungsstätte. Für die Leute in der Region ist es zur Pflicht geworden, die Muswiese zu besuchen. Und sie kaufen hier gern Dinge, die man in Supermärkten vergeblich sucht. Rund 260 Markthändler haben an den Straßen ihre Stände dicht an dicht aufgebaut. Die Händler kommen zum Teil seit Jahren, einige seit Generationen. Einen breiten Raum nimmt zudem das Gewerbegelände mit seinen rund 180 Ausstellern ein.

Stolze Bauernhäuser

Eine große Bedeutung bei dem Fest haben natürlich die Bauernwirtschaften. Sieben stolze Bauernhäuser an der Straße waren es einst, bei denen seit alten Zeiten das Schankrecht für das Fest lag. Die größten davon sind in den 90er-Jahren verschwunden. Heute wirtschaften wieder fast alle, aber auch nicht mehr im Hause, sondern in den Garagen und Maschinenhallen. Noch in den 70er-Jahren öffneten die Landwirte ihr gastliches Wohnhaus.

Gemütliche Stuben

Die im ersten Stock liegenden Gasträume - im Erdgeschoss waren die Ställe - erreichte man über eine knarrende Holztreppe. Da ein Teil der Bauernhäuser bereits bei ihrer Erbauung Ende des 17. Jahrhunderts auf die Muswiesenbewirtschaftung ausgerichtet wurden, hatte fast jedes Haus einen ,,Tanzboden" einen besonders großen Raum mit leicht abbaubaren Holztrennwänden. Die Gemütlichkeit alter, niedriger Bauernstuben empfing den Gast, die Möbel und Betten waren ausgeräumt und in Dachkammern gestellt worden. Lange Tische und Bänke bildeten über die Festwoche die Einrichtung.

Auch wenn der Reiz der Bauernstuben kaum noch in Musdorf zu finden ist, hat doch jeder Bewirtschaftungsbetrieb seinen eigenen Charme. Die Wirte und Aussteller freuen sich auf die Muswiesenbesucher und wünschen heitere und unbeschwerte Tage in Musdorf: ,,Kummt ner alli - mir fraawe uns uff eich!", lautet das Motto. Nur nicht am Montag, denn da ist wie jedes Jahr Ruhetag! pm