"Auch unbequeme Botschaften im Gepäck", so der Muswiesenfan Rezzo Schlauch im Interview
Sonderveröffentlichung

MUSWIESE 2022 "Auch unbequeme Botschaften im Gepäck", so der Muswiesenfan Rezzo Schlauch im Interview

Kurz nach seinem 75. Geburtstag spricht der Ur-Grüne Rezzo Schlauch am Donnerstag um 16 Uhr auf der BDS-Mittelstandskundgebung in der Festhalle Hahn - hoffentlich ähnlich launig wie im Interview mit unserer Zeitung.

Rezzo Schlauch stammt aus Bächlingen. FOTO: UFUK ARSLAN

08.10.2022

Herr Schlauch, Sie brechen Ihren Geburtstagsurlaub extra für die Mittelstandskundgebung ab. Ist Ihre Muswiesenliebe so groß?
Rezzo Schlauch:
Anfang Oktober des Jahres 47 im letzten Jahrhundert, es war ein traumhaft sonniger Oktober, hat mich meine Mutter im Krankenhaus in Gerabronn entbunden und ihr größter Wunsch als eingefleischter Muswiesenfan war es, diese sonnigen Oktobertage auf der Muswiese zu verbringen, was ihr aber vom Arzt zu ihrer größten Enttäuschung nicht erlaubt wurde. Ihre Sehnsucht hat sie mir mit der Muttermilch mitgegeben.

Können Sie sich noch erinnern, wie Sie sich einst in den Jahrmarkt verliebt haben?
Ein Bild hat sich mir bis heute eingeprägt. Wie ich als kleiner Bub mit meinen Eltern noch in den 50ern und Anfangs der 60er die steilen Stiegen der Bauernhäuser hochgegangen bin, in den ausgeräumten Schlafzimmern die Leute eng an eng an den Biertischen. saßen und neben dran in den Kammern die oval länglichen Zinkbadewannen randvoll gefüllt mit Bauernbratwürsten und Koteletts standen.

Bleibt nach der Rede noch Zeit für eine Schlachtplatte mit Bier?
Eine? Wird nicht langen, und ein Schnitzel und die würzigen Bauernbratwürste dazu, nach dem alten Hohenloher Spruch, „lass de doa nieder wu d vorr lauter Flaasch ka Kraut net siechscht" - während der Schwabe sich ja scho mit ner Laus im Kraut zufrieden gibt. Und das Bier läuft bei diesen Köstlichkeiten noch mal so gut.

Als Sie 2004 zum ersten Mal in der Reithalle gesprochen haben, war das noch ein kleines Wagnis: ein Grüner beim schwarzen Mittelstand! Glauben Sie, dass Sie heute noch irgendjemanden schrecken können?
Damit ich schon damals niemanden mehr schrecken konnte, hatte der BDS mich erst im 20. und letzten Jahr meiner politischen Laufbahn eingeladen. Da war ich Mittelstandsbeauftragter der Bundesregierung. Ich will niemanden schrecken, aber neben vielen positiven habe ich schon auch ein paar unbequeme Botschaften im Gepäck.

Der letzte Vertreter Ihrer Partei auf der Muswiese war Boris Palmer: Er hat dem Publikum launig erklärt, wem in der Republik alles ,,der Dibbel gebohrt" gehört. Über wen oder was regen Sie sich gerade auf?
Darüber, dass diejenigen, also CDU, FDP und die SPD vornedran, die uns diese unverdauliche Suppe eingebrockt haben, so tun, als ob die gegen alle dringenden Ratschläge unserer Verbündeten in EU und USA und gegen alle ökonomischen Gesetze verstoßende Energieabhängigkeit von Putin vom Himmel gefallen wäre.

Ist es eigentlich Pech, Schicksal oder fehlender Weitblick, dass Ihre Partei immer dann in die Bundesregierung geht, wenn kurz danach schlimme Krisen zu managen sind?
Nichts von alledem. Die Grünen sind dann, wenn sie Verantwortung haben, in ihrer Rolle immer gewachsen und waren und sind weitsichtige Krisenmanager.

Ist Wirtschaftsminister Robert Habeck ein guter Manager?
Gegen alles Oppositions-, Medien- und Wirtschaftsverbände-Geheul: Aber ja doch!

Was haben Sie dem Mittelstand zu sagen?
Es wird Sie vielleicht überraschen: Dass der Mittelstand in der neuen geopolitischen Situation im Großen und Ganzen gut auf die aktuellen und zukünftigen Herausforderungen vorbereitet ist. Jedenfalls um vieles besser als die Dinosaurier wie beispielsweise die Automobilindustrie und auch die Chemie, die aus dem Abhängigkeitsdesaster vom Diktator Putin in ihrer Abhängigkeit von China bis dato nichts gelernt haben und auch offensichtlich auch nichts lernen wollen.

Sind Sie froh, heute nicht mehr in der politischen Verantwortung zu stehen?
Ich habe mehr als 20 Jahre leidenschaftlich für Veränderungen und Verbesserungen in Wirtschaft und Gesellschaft gekämpft. Vieles ist nicht gelungen. Vieles ist gelungen, Dann muss es auch mal gut sein. Und die Jungen werden's noch besser ausfechten.

Zum Abschluss muswiesige Entscheidungsfragen:Salatteller oder Kutteln? 
Keine Frage: Kutteln.

Feuerwerk oder Feinstaubalarm?
Ich ziehe das Feuerwerk einer Diskussion vor.

Holunderzauber oder Spielbacher Bier?
Zuerst Holunderzauber als Aperitiv und dann hinein ins Vergnügen: Spielbacher Bier.

Mittelstand oder Sockenstand?
Ist kein Gegensatz: Sockenstand, da von Selbstständigen geführt, ist auch Mittelstand.

Mandeln oder Maroni?
Maroni, passen besser zu Rotwein.

Pressler oder heim jetzt?
Pressler so lang es geht, dann Absacker bei der Landjugend. Sebastian Unbehauen