Ein paar in die Jahre gekommene Häuser an einer vielbefahrenen Durchgangsstraße. Das wirkt wenig einladend. Es rauscht ein Auto nach dem anderen vorbei.
„Das ist noch gar nichts“, lacht Ralf König. Nicht nur er findet den Lärm während des Berufsverkehrs an Wochentagen schwer erträglich. Der fängt um 5.30 Uhr an. Und seit Tempo 30 verfügt worden ist, sei es noch schlimmer, da die scheppernden Lastwagen länger durch den Ort bräuchten.
„Fühle mich wohl“
Ralf König lebt seit rund 45 Jahren in Hessental. „Ich bin hier schon in die Grundschule gegangen und fühle mich hier wohl“, sagt er. Im Lauf der Jahre sind um den Ortskern herum Neubauviertel entstanden. Er selbst wohnt in einer älteren Siedlung nahe des Zentrums.
Wenn auch die vielbefahrene Hauptstraße nicht zum Flanieren einlädt, hat der Ort nach Ansicht von König doch manches zu bieten.
Wie aus der Zeit gefallen
Ralf König freut sich über die Balkanbäckerei Fitimi in einem älteren Haus direkt an der Hauptstraße. In der Nachbarschaft ist eine Spielhalle und ein größerer Parkplatz für die Apotheke und das nahegelegene Ärztehaus mit Zahnarzt, Allgemeinmediziner und Kleintierpraxis. Mittendrin der Retro-Friseur Ortwein, dessen Laden von außen aussieht wie aus der Zeit gefallen. Innen die angesagte Hardrock-Frisörbude-Otze, die auch bei den Footballern der Schwäbisch Hall Unicorns beliebt ist.
In einer Seitenstraße sitzt Elvira Kramatschek vor einer Scheune, die sie vor 27 Jahren mit ihrem Mann Roland zum Gebrauchtwarenladen Oase und Öko-Baustoffgeschäft umgebaut hat. „Im Oktober ist endgültig Schluss“, sagt sie. Das Ehepaar geht in den Ruhestand. Gefallen hat es den beiden gut in Hessental. „Wir haben immer gut aufeinander aufgepasst“, erklärt die Laden-Inhaberin. Die Post wird von der Hauptstraße umziehen in die geräumigere und etwas ruhiger gelegene Scheune. In der Nachbarschaft werden Lager- und Ladenflächen angepriesen, wo einmal ein Fahrradgeschäft war. Die evangelische Kirche gegenüber wirkt wie eine Ruheoase.
Etwas weiter weist ein Schild am ehemaligen Gasthaus Krone darauf hin, dass der Betrieb Ende 2023 eingestellt worden ist. Das dazugehörige Hotel ist nun ein Seniorenheim. Und die zentral gelegene Grundschule ist längst zu klein. Ein Neubau am Ortsrand an der Molkerei ist geplant.
Beliebte Weintenne
Froh ist Ralf König, dass an der Hauptstraße neben der Haller Hörakustik, einem Gardinengeschäft, einem Reisebüro und einer Sportsbar die Pizzeria „Mamma Mia“ wieder eröffnet hat und dass es den Gasthof „Zum Hirsch“ mit Hotel noch gibt. Immer voll sei der Besen „Zur Weintenne“, der einmal im Monat mehrere Tage geöffnet hat, sagt König. Immerhin haben hier laut Betreiber Ulrich Reber 113 Personen Platz, plus 50 auf der Terrasse.
Es tut sich etwas im Ortskern, was auch ein schön renoviertes Fachwerkhaus und, nach hinten versetzt, neu gebaute Mehrfamilienhäuser belegen. Aber Geschäfte sind wie in allen kleineren Orten Mangelware. Gerade mal ein Frischemarkt mit Bäckerei ist im Bereich des Ortskerns noch vertreten. Die großen Einkaufsmöglichkeiten gibt es im Handelsgebiet Gründle – Baumarkt, Supermarkt, Discounter, Elektronik. Rainer Lang
Seit 88 Jahren Teil von Schwäbisch Hall
Hessental wurde 1936 nach Schwäbisch Hall eingemeindet. Alles, was es zum Leben braucht, findet sich laut Stadtverwaltung vor Ort: Kindergärten, eine Grundschule, kirchliche Einrichtungen, Apotheken, Ärzte, Sportanlagen, Restaurants oder Lebensmittelläden. Im Norden Hessentals liegt der Gewerbepark Solpark mit innovativen Unternehmen. Gleich daneben liegt der Adolf Würth Airport. Direkt am Bahnhof befindet sich die KZ-Gedenkstätte Hessental.
Der Unmut in Hessental ist in den vergangenen Jahren in der Bürgerschaft gewachsen. Sie fordert vehement die Verbesserung der Lebensqualität. Engagierte Bürgerinnen und Bürger haben sich zur Initiative für ein liebens- und lebenswertes Hessental zusammengeschlossen.
Auf Drängen der Initiative wurden Studierende beauftragt, ein Gutachten zur Verbesserung der Lebensqualität zu erstellen. Kritisiert wird, dass der Stadtteil wächst, ohne entsprechende Infrastruktur. Für öffentliche Räume zur Begegnung und Angebote zur Nahversorgung setzt sich die Bürgerbewegung ein.