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Vorbeigeschaut bei... Marco Langer 

Vorbeigeschaut bei... Marco Langer 

Nachgefragt. Im Juni 2025 ist der Neu-Ulmer Spitzenkoch Marco Langer in die ehrwürdige Riege der Sterneköche aufgestiegen. Ein Gespräch über Mitarbeiterführung in der Gastronomie, erfüllte Lebensträume, Inspiration und Wurstsalat.

Wann dachten Sie zum ersten Mal, dass Sie Koch werden möchten?
Meine Mutter war nicht die beste Köchin, so habe ich einfach selbst angefangen, rumzuköcheln. In der Schule wählte ich Hauswirtschaft, da fing das mit der Leidenschaft an.

Wer hat Sie während Ihrer Ausbildung am stärksten geprägt?
Mein erster Ausbilder, Karl Großhammer, in der Burgthalschenke. Er hat mir gezeigt, wie man frisch, schön und mit Leidenschaft kocht und dass der Gast gute Qualität verdient. Und ganz wichtig: bodenständig zu bleiben und nett zum eigenen Team zu sein. Das hat mich nachhaltig geprägt: Ich möchte mit den Stephans Stuben zeigen, dass man auch mit einem kleinen Team sehr viel erreichen kann. Wir sind ja nur zu dritt.

Was motiviert Sie?
Wenn ich meine Gäste nach dem Essen schwärmen höre und sie neugierig sind auf das neue Menü, ist das ein kreativer Motor für mich.

Wenn Sie Ihren Kochstil beschreiben müssten...
Ich mag viel Handarbeit auf dem Teller. Und ich bin Produktfanatiker. Wenn bei einer Kresse zwei Zweige nicht richtig hängen, dann lehne ich sie ab. Das wissen meine Lieferanten. Ich mag asiatische Einflüsse, diese besonderen Aromen. Und ich koche oft mit einer süßen Note. Ich mag Fruchtkomponenten; Kirsche im Hauptgang, Mango in der Vorspeise. Und ich verwende weder Pfeffer noch Chili - scharf mag ich nicht.

Was ist Ihr persönliches Comfort Food?
Wurstsalat ist mein absolutes Lieblingsessen. Dicht gefolgt von Linsen mit Spätzle und sauren Kutteln. Und gut gemachte Kässpätzle. Das ist einfach der Heimatbezug.

Wie sieht eine typische Arbeitswoche aus?
Sonntags ist immer frei, montags mache ich Büro. Dienstag ist für Einkäufe und die Hauptproduktion vorgesehen, wir setzen Saucen und Fonds an und bereiten vor. So haben meine Mitarbeiter drei freie Abende. Die Work-Life-Balance ist sehr wichtig und wenn man strukturiert arbeitet, auch problemlos möglich! Ab Mittwoch geht es dann ab 14 Uhr im Restaurant los, um 18 Uhr kommen die ersten Gäste und dann es ist wie im Theater: Der Vorhang geht auf und es wird zelebriert.

Und wenn Sie nicht im Restaurant sind, was tun Sie dann?
Ich mache gerne Sport und nutze die freien Tage für Ausflüge mit Freunden und Familie, meistens Städtetrips oder zum Wandern.

Planen Sie dann auch ein, wo Sie essen gehen?
Ich habe sogar schon Urlaube mit einer Exceltabelle vorgeplant, in der alle Restaurants eingetragen waren, in denen ich reserviert hatte.

Wie schreiben Sie ein neues Menü?
Mein Gehirn ist wie ein Hochregal mit ganz vielen Schubladen, da habe ich alle Produkte, Zutaten und Geschmacksrichtungen abgespeichert. Nüsse, Lachs, Kresse... Dann schaue ich auf den Kalender: Was hat gerade Saison? Ich habe mal Pfifferlinge mit Aprikosen kombiniert, sehr ungewöhnlich, aber es hat super geschmeckt! Die verrücktesten und besten Ideen kommen mir nachts manchmal wache ich kurz auf und tippe schnell eine Idee ins Handy: „Jakobsmuscheln würden gut passen“. Dann schlafe ich weiter.

Was macht Ihnen am meisten Freude in der Gastronomie- und was bereitet Ihnen Kopfzerbrechen?
Ich koche einfach total gerne. Ich mag es, meine Gäste glücklich zu machen. Das muss nicht im Sternerestaurant sein, ich habe auch in einer Kantine Freude. Negativ finde ich die Idee, dass man jahrelang für ein geringes Gehalt 18 Stunden täglich arbeiten muss und die strenge Hierarchie in manchen Küchen. Ich habe doch viel mehr davon, wenn ich in meine Mitarbeiter investiere und sie gleichwertig behandle. Ich möchte ihnen so viel wie möglich beibringen und auf eine gesunde Work-Life-Balance achten. Wir sind nur zu dritt, arbeiten auf demselben Level und es funktioniert mit einer 40-Stunden-Woche. Wenn sich alle freuen, zur Arbeit zu kommen, dann hast du gewonnen.

Wie hat es sich angefühlt, den Stern zu bekommen?
Ich wollte den Stern haben. Ich wollte wissen: Wie weit kann ich, als Marco Langer, kommen? Als ich die Stephans Stuben übernahm, habe ich total Gas gegeben dann kam die Baustelle direkt vor der Tür und hat mich in große wirtschaftliche Schwierigkeiten gebracht. Gäste blieben aus, ich musste Mitarbeiter entlassen. Gleichzeitig wurde ich vom Guide Michelin zum Highlight des Monats gewählt, das war der erste Ritterschlag, dann kam ich unter die Top 500 des Feinschmeckers. Meine Bankberaterin riet mir dazu, den Laden zu schließen - gleichzeitig haben mich Freunde und Familie ermutigt, unbedingt weiterzumachen. Als der Laden gerade wieder lief, wurde ich am Knie operiert. Ich lag zu Hause auf dem Bett, den Schlauch noch im Fuß, und sehe diese E-Mail vom Guide Michelin auf meinem Handy. Es war der Wahnsinn: Gänsehaut am ganzen Körper, Schweißausbrüche, ich habe Rotz und Wasser geheult. Drei Wochen lang durfte ich nichts sagen! Ich habe echt gelitten und jeden Tag, bis zur Verleihung, habe ich die E-Mail angeschaut. Ich war so glücklich wie noch nie in meinem Leben. 

Was hat sich seither verändert?
Die Aufmerksamkeit ist enorm. Ich habe eine Schublade voller Gratulationsbriefe von überall her, werde sogar manchmal in der Stadt erkannt. Aber ich bin ja immer noch der Gleiche. Solange ich das Niveau weiterhin halte, werde ich den Stern so schnell auch nicht verlieren!

Sie haben Ihr Lebensziel erreicht -was kommt als Nächstes?
Auf der Restaurantrangliste möchte ich weiter nach oben und insgesamt etablierter werden. Im Restaurant wollen wir das Ambiente noch weiter verfeinern. Längerfristig möchte ich auch Coachings anbieten. Solange ich diese Ziele habe, mache ich einfach weiter wie bisher - da kann man nur gewinnen. [!] Julika Nehb

Zur Person

Marco Langer, geboren am 12. Februar 1980 in Neu-Ulm, absolvierte seine Kochausbildung in der Burgthalschenke in Vöringen. Er arbeitete später im Maritim Hotel in Ulm, im Feyrer Hotel in Senden sowie als Küchenchef im Meinl Hotel (Neu-Ulm) und als Souschef im Restaurant Treibgut im Hotel Lago (Ulm). Ab 2018 war er Küchenchef im Restaurant Treibgut (Ulm) und dann ab 2022 im Dahoim (Zusmarshausen). Seit September 2023 führt er sein eigenes Fine-Dining-Restaurant „Stephans-Stuben by Marco Langer“ in Neu-Ulm. Im Juni 2025 erhielt Langer für sein Restaurant einen Stern des Guide Michelin.